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ADHS Aktuell

 
Editorial
 

Beim letzten Newsletter 2020 steht eine häufige Begleiterkrankung der ADHS im Zentrum, die Depression.

Dr. med. Astrid Neuy-Lobkowicz geht der Frage nach, weshalb sich bei einer ADHS so auffallend oft Begleiterkrankungen wie beispielsweise die Depression manifestieren. Dabei weist sie auf die Gefahr und die Folgen hin, nur die Komorbidität zu therapieren. Wie wichtig und auch dankbar es stattdessen ist, eine ADHS zu erkennen und zu behandeln, schreibt die Autorin eindrücklich am Schluss ihres Textes.

Um Ähnlichkeiten und Unterschiede der ADHS und der Dysphorie sowie der Depression dreht sich der Artikel «Depression und Dysphorie bei ADHS» von Ulrich und Kirsten Brennecke. Sie zeigen auf, dass sich hinter einer behandlungsresistenten Depression häufig eine unerkannte ADHS verbirgt.  

«Lotte, träumst Du schon wieder?». So lautet das neueste Sachbuch von Fabian Grolimund & Stefanie Rietzler. Dass dieser Bestseller für alle Menschen, die mit Kindern zu tun haben, eine Pflichtlektüre sein sollte und sehr lesenswert ist, begründen die beiden begeisterten SFG-Mitglieder Ursula Amman und Monika Brunsting in ihren Rezensionen.

Zum Schluss finden Sie einen Hinweis auf die SFG-Mitgliedertagung 2021.

Leider fällt der Beitrag zu «ADHS analog» diesmal aus, da unsere geschätzte Autorin Ursula Ammann verletzungsbedingt buchstäblich nicht in die Tasten greifen konnte. Wir wünschen ihr auf diesem Weg von Herzen gute Besserung.

Im Namen des SFG-Vorstands wünschen wir Ihnen und Ihren Familien frohe Festtage und alles Gute für das neue Jahr. Bleiben Sie gesund.

 

Herzliche Grüsse,
 

Isolde Schaffter-Wieland und Felicitas Furrer

 

AADHS und Depression

Dr. med. Astrid Neuy-Lobkowicz

 

Einführung

Psychische Erkrankungen sind bei ADHS deutlich häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Dies gilt insbesondere für Angsterkrankungen und Depressionen. Über 80 % der erwachsenen ADHS-Betroffenen leiden an einer seelischen Begleiterkrankung, 60 % sogar an mehreren. ADHS ist somit ein Risiko für die Entwicklung aller weiteren seelischen Erkrankungen. Dabei steigt das Risiko für die Entwicklung einer Depression sogar mit dem Alter an. Es werden bis zu zehn Mal häufiger Depressionen bei ADHS-Betroffenen beobachtet.

 

Warum hat ADHS eine so auffallend hohe Häufigkeit an Begleiterkrankungen?

Sicherlich gibt es hier auch eine genetische Komponente und es wurden erbliche Gemeinsamkeiten zwischen ADHS, Depression, manisch-depressiver Erkrankung, Migräne und Autismus gefunden. Die genauen Zusammenhänge sind jedoch aktuell noch unklar.

Was wir aber sehr genau wissen ist, dass ADHS Betroffene schon von Kindheit an, bedingt durch ihre ADHS-Symptome, häufiger Erfahrungen von Misserfolgen, Niederlagen und Ablehnung durch andere erfahren. Auch Kinder mit ADHS strengen sich an. Sie wollen aufmerksam und in der Schule erfolgreich sein. Sie erleben aber täglich, dass sie unruhig und getrieben sind, nicht stillsitzen können und schon wieder etwas gesagt haben, dass sie besser für sich behalten hätten. Sie nehmen sich nicht vor, ihre Mitmenschen zu ärgern, aber ihre angeborene Störung der Gefühlskontrolle führt immer wieder dazu, dass sie emotional entgleisen, die Kontrolle verlieren und andere verletzen. So rutschen sie zunehmend ins soziale Abseits und verstehen dies überhaupt nicht.

Was wir alle brauchen – ganz besonders junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenalter – ist die Erfahrung, erfolgreich zu sein und Schwierigkeiten bewältigen zu können. Es reicht leider nicht aus, dass Eltern ihren Kindern ihre Liebe zeigen und sie darin bestätigen, erfolgreiche und wichtige Menschen zu sein. Für die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls braucht der Mensch selbst erarbeitete Erfolge. Diese machen glücklich und zementieren mit der Zeit ein gutes Selbstwertgefühl. „Ich kann mich auf mich verlassen“, „ich bin in der Lage, Schwierigkeiten zu bewältigen“, „ich kann etwas leisten“, das sind wichtige Erfahrungen, die jeder Mensch braucht, um sich selbst annehmen und wertschätzen zu können.   

 

Fehlen Erfolgserlebnisse, sinkt der Selbstwert

Wenn ich mir etwas vornehme und es mir zudem gelingt, mein gestecktes Ziel zu erreichen, dann schaffe ich mir damit einen Punkt auf meinem Erfolgskonto. Wenn ich viele Erfolgspunkte habe, kann ich stolz auf mich sein – das macht mich glücklich und widerstandsfähig gegenüber Kritik und den unausweichlichen, kleinen Misserfolgen des Lebens. Ich schaffe mir damit aber auch Punkte auf meinem Selbstwertkonto. Je mehr Punkte ich mir mit der gelingenden Bewältigung von Aufgaben erarbeitet habe, desto stabiler und besser ist mein Selbstwertgefühl und desto glücklicher und zufriedener bin ich mit meinem Leben.

Die unaufmerksamen ADHS-Betroffenen – besonders die Frauen – haben viel zu wenige Erfolgserlebnisse, weil sie sich häufig nicht durchkämpfen und durchsetzen können. Es fällt ihnen schwer, die Disziplin und Beharrlichkeit zu entwickeln, die sie bräuchten, um ihre Ziele zu erreichen. Sie nehmen sich etwas vor – und scheitern. Solche Erfahrungen bewirken Negativ-Punkte auf dem Erfolgskonto und Misserfolge machen unglücklich. Die negativen Punkte auf dem Selbstwertkonto wiederum schaffen Selbstzweifel bis hin zum Selbsthass. Die Folge: Resignation, Frustration und Mutlosigkeit. Solche Erfahrungen nähren die Depression.

Oft wird von Therapeuten nicht erkannt, dass ADHS-Betroffenen mit starken Selbstzweifeln sich ihre Unfähigkeit und ihr Versagen nicht einbilden: Misserfolge sind Realerfahrungen in ihrem Leben. Es wirkt deshalb nicht unterstützend, diese Misserfolge in der Therapie als „zu ehrgeizig" oder „zu hochgesteckte Ziele“ umzudeuten und das Scheitern kleinzureden. Wirkliche Hilfe für ADHS-Betroffene ist: Sie zum Erfolg zu befähigen. Sie brauchen die Erfahrung von Selbstwirksamkeit im Sinne von: "Ich schaffe das“ und „ich stelle mich den Herausforderungen und bewältige meine Schwierigkeiten“.

 

Die Gefahr, nur die Begleiterkrankung zu therapieren

Psychotherapien können bei ADHS über lange Jahre wirkungslos bleiben und sogar schädlich sein. Wenn zum Beispiel ADHS-Betroffene in der Psychotherapie ihre Kindheit bearbeiten, ihr inneres Kind wachsen lassen, Selbstoptimierungs-Strategien erlernen und trotzdem keinen Erfolg im Beruf haben, dann verstärkt dies ihre Depression. Sie wollen ihr Leben in den Griff bekommen, stolz auf sich sein können, erleben sich jedoch immer wieder als unfähig und ungenügend. Sie finden in einer solchen Therapie keine Erklärung dafür, weshalb es ihnen so schwerfällt, aufmerksam zu sein, sich selbst zu organisieren und Aufgaben rechtzeitig anzufangen und zu Ende zu bringen. Sie finden keine Ursache in ihrer Kindheit, die erklärt, warum sie so dünnhäutig, ablenkbar, empfindlich und verletzbar sind und weshalb sie immer wieder überreagieren. Sie erfahren nicht, dass die Ursache ihrer Erschöpfung und ihres chronischen Versagens neurobiologisch und genetisch bedingt ist – ADHS heisst – und erfolgreich behandelt werden kann.

Oft werden auch nur die Begleiterkrankungen diagnostiziert und die zugrunde liegende ADHS gar nicht erkannt. Damit werden wichtige Therapieoptionen verschenkt. So mancher (ADHS-unerfahrene) Psychotherapeut lässt sich dann nach der hundertsten Stunde Psychotherapie eher dazu hinreissen, solche Patienten als therapieresistent abzustempeln, statt die eigene Diagnose in Frage zu stellen. 

Ein wirklicher Durchbruch in der Behandlung der Betroffenen zeigt sich oft erst, wenn die Diagnose ADHS gestellt wird.  Erst dann können sie verstehen, dass sie nicht unfähig und dumm sind, sondern eine „erbliche Sonderedition“ darstellen, eine besondere Art zu sein haben. Es ist eindrucksvoll, wie beglückend es für ADHS-Betroffene ist, wenn sie endlich die Erfahrung machen, dass sich der Nebel um sie herum auflöst und sie handlungsfähig und erfolgreich werden. Sie erleben diesen Moment meistens wie ein Wunder, an das sie gar nicht mehr glaubten. Oft entdecken sie erst unterstützt durch eine Medikation, welches Potenzial an Kreativität, Spontaneität und Flexibilität in ihnen steckt und wie sie dieses auch für sich nutzen können.

 

ADHS ist das dankbarste Krankheitsbild in der Psychiatrie

Leider bleiben viele Betroffene häufig bis ins mittlere Erwachsenenalter unerkannt, vermutlich die meisten sogar ein Leben lang. In einer erst 2019 veröffentlichen Studie der Deutschen Krankenkassen wurde deutlich, dass nur 0,2 % der Erwachsenen in Deutschland als ADHS-betroffen diagnostiziert sind. Wir wissen aber, dass etwa 3,5 bis 4 % der Gesamtbevölkerung von ADHS betroffen sind. Das bedeutet, dass aktuell nur jeder zwanzigste ADHS-Patient richtig diagnostiziert und behandelt wird. In einer Fachpraxis sind mindestens 20 % der Patienten ADHS-Betroffene. Sie bekommen jedoch andere Diagnosen und keine störungsspezifische Behandlung.

Viele depressive Entwicklungen könnten vermieden werden, wenn die Diagnose ADHS gestellt würde, bevor die Abwärtsspirale von Misserfolgen, Entmutigung und Resignation sich in Gang setzt. Mit einer störungsspezifischen Behandlung kann ADHS-Betroffenen sehr oft sehr gut geholfen werden.

Was mich bei meinen psychiatrischen und psychotherapeutischen Kollegen immer wieder erstaunt ist, dass sie sich nicht über ADHS fortbilden. Zwanzig Prozent ihrer Patienten sind betroffen! Sie unterlassen es somit, die Kompetenz zu erwerben, jeden Fünften ihrer Patienten richtig zu behandeln. Und nicht zuletzt verpassen sie selbst eigene Erfolge als Arzt, denn ADHS ist das dankbarste Krankheitsbild in der Psychiatrie. Bei keiner anderen psychischen Erkrankung kann Betroffenen so schnell und so nachhaltig geholfen werden wie bei ADHS. Denn: Vielen gelingt es, nach Diagnosestellung und richtiger Therapie, ihrem Leben eine gute Wende zu geben und erfolgreich zu sein.

Dr. Astrid Ney-Lobkowicz (früher Bartmann) wirkt seit über 25 Jahren als Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie. Neben der Behandlung von allen seelischen Erkrankungen, insbesondere von Depressionen, Angstzuständen und psychosomatischen Symptomen, ist sie spezialisiert auf die Behandlung von ADHS bei Erwachsenen. Sie beschäftigt sich seit über 15 Jahren intensiv mit diesem Krankheitsbild und behandelte seither mehrere Hundert Patienten. In diesen Jahren erwarb sie sich profunde Kenntnisse über die Diagnostik, Behandlung und Verlauf.

Autorin des Buches: „ADHS, erfolgreiche Strategien für Kinder und Erwachsene“, Klett-Cotta Verlag.

 

Literatur:

Prof. Dr. Sarah Kittel-Schneider, Nervenarzt 7/2020

Prof. Alexandra Philipsen, Nervenarzt 7/2020

Prof. Esther Sobanski, Nervenarzt 7/2004

Prof. Heiliger, Deutsches Ärzteblatt 2008

Libutzki et al, review 2019

Chen et al 2018

 


Depression und Dysphorie bei ADHS

Fabian Ulrich Brennecke, adxs.org

Kirsten Brennecke, Diplompsychologin, psychologische Psychotherapeutin

 

Depression dürfte das am häufigsten mit ADHS verwechselte Störungsbild sein und den grössten Anteil an Fehldiagnosen bei einem real bestehenden ADHS beitragen. ADHS hat mit dem Symptom der Dysphorie bei Inaktivität ein sehr ähnliches und in der Momentaufnahme eines diagnostischen Gesprächs von wenigen Minuten kaum unterscheidbares Erscheinungsbild. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Dysphorie ein zwingender Beleg für ADHS wäre.


Eine «echte» Depression ist eine eigenständige Störung, die selbständig (ohne ADHS) oder komorbid neben ADHS besteht. Als Dysphorie bzw. Dysthymie wird eine langanhaltende chronische Verstimmung oder Niedergeschlagenheit bezeichnet. 
Abzugrenzen von einer Dysphorie/Dysthymie ist die mittlere oder schwere Depression, die ein erheblich schwerwiegenderes Mass an depressiver Symptomatik ausweist. Im Gegensatz zu Dysthymie / Dysphorie hält sie jedoch wesentlich seltener so lange an und tritt eher in wochen- bis monatelangen Phasen auf.

Depression oder ADHS – Differentialdiagnostik und Behandlung

In Abgrenzung zur Dysphorie ist eine Depression mit einer wesentlich stärkeren Stimmungsbeeinträchtigung verbunden, die in Abgrenzung zum ADHS-Symptom der Dysphorie bei Inaktivität nicht nur in Phasen der Inaktivität, sondern durchgängig auftritt.
Vereinfacht gesagt, ist Dysphorie bei Inaktivität ein langanhaltendes (schon jahrelang bestehendes oder immer bestehendes) Grau, das jedoch bei spannenden Aktivitäten regelmässig vergessen wird und vor allem an ruhigen Abenden, Wochenenden oder in den ersten (aktivitätsfreien) Urlaubstagen deutlich hervortritt. Depression ist hingegen ein tiefes Schwarz, das phasenweise über Wochen oder Monate auftritt und auch bei oder durch Aktivität kaum verdrängt werden kann.

Eine echte Depression ist kein Symptom einer ADHS, kann jedoch die Folge einer dauerhaften Überlastung aufgrund von ADHS sein.

Bei ADHS sind die basalen Cortisolwerte verringert. Bei der stationär behandelten Depression sind die basalen Cortisolwerte dagegen erhöht (wie auch, etwas weniger stark, bei stationär behandelten Angststörungen und Zwangsstörungen).(1)

Emotionale Dysregulation, Reizbarkeit, Wut und Unruhe bei ADHS korrelieren mit ADHS-spezifischen Genen und nicht mit Genen, die spezifisch mit affektiven Störungen (Depression) verbunden sind.(2)

Dysphorie

Nahezu jeder ADHS-Betroffene leidet an einer dysphorischen Symptomatik. Umgekehrt ist Dysphorie auch ohne AD(H)S anzutreffen. Dysphorie ist kein Beweis für ADHS, aber ein stetiger Begleiter einer bestehenden ADHS.

Die Kennzeichen von Dysphorie:

  • wenig Energie und Antrieb
  • geringes Selbstwertgefühl
  • geringe Kapazität für Freude im täglichen Leben (Anhedonie)
  • Dauer von 2 Jahren und mehr

Dysphorie / Dysthymie bei Inaktivität als ADHS-Symptom

Als ADHS-Symptom nennen die Wender-Utah Kriterien das Symptom der Dysphorie bei Inaktivität. DSM und ICD benennen dieses Symptom dagegen nicht. Unserer Auffassung nach ist Dysphorie (nur) bei Inaktivität ein originäres phänotypisches ADHS-Symptom und vom Störungsbild der Depression oder Dysphorie abzugrenzen.

Dysphorie als Stresssymptom

Der Stressnutzen von Dysphorie bei Inaktivität ist, den Betroffenen in Anbetracht eines vorhandenen lebensbedrohlichen Stressors aktiv zu halten. Inaktivität verringert die Wahrscheinlichkeit der Bewältigung einer lebensbedrohlichen Gefahr. Die emotionale Stimmung ist ein sehr starker Aktivitätslenker. Lebewesen versuchen eine positive, angenehme Stimmung zu erreichen und zu erhalten und eine negative Stimmung zu vermeiden.
Dies erklärt, warum die Stimmung bei langanhaltendem starkem Stress oder AD(H)S nur in Momenten der Passivität absinkt. Es wäre für das Überleben des Individuums nicht förderlich, wenn seine Stimmung auch in den Phasen der aktiven Bekämpfung des Stressors verringert wäre.
Entspannung, Genuss, Erholung sind in Zeiten einer relevanten Bedrohung nicht überlebensförderlich. Dies könnte den Nutzen der mit Dysphorie und Depression verbundenen Anhedonie erklären.

Insofern ist Dysphorie ein funktionales Stresssymptom, während die Symptome einer ausgewachsenen Depression eher dysfunktional sind, da sie nicht mehr dazu beitragen, den Kampf gegen den Stressor zu unterstützen.

Behandlungsresistente Depression verbirgt häufig unerkanntes ADHS

Bei 160 Erwachsenen mit einer behandlungsresistenten Depression wurde in einer Studie bei 34 % ein zuvor nicht diagnostiziertes ADHS festgestellt.(3) Dies deckt sich mit Angaben aus anderen Quellen.(4) Anscheinend besteht bei therapieresistenten Depressionen häufig eine unerkannte ADHS-Störung. Die mit unbehandeltem ADHS einhergehende Überlastung kann eine (Überlastungs-)Depression verursachen. Unabhängig davon fand eine Studie bei 58 % der stationären Psychiatriepatienten ein – in der Regel bis dahin nicht diagnostiziertes – ADHS.

Behandlungsreihenfolge

Eine echte mittlere oder schwere Depression (siehe melancholische / atypische Depression) sollte priorisiert behandelt werden.
Bei einer leichten Depression im Sinne einer Dysphorie / Dysthymie sollte dagegen ein komorbid bestehendes ADHS priorisiert behandelt werden, da durch die Beseitigung der ADHS-typischen Überlastung und der ADHS-typischen Symptome die ADHS-eigene Dysphorie sich oft mit vermindert.
Bei der Behandlung von dysphorischen Symptomen einer ADHS sind nach den uns zugänglichen Berichten Amphetaminmedikamente (Elvanse) gegenüber Methylphenidat meist überlegen.
Serotoninwiederaufnahmehemmer sind bei ADHS ohne Hyperaktivität grundsätzlich kontraindiziert, bei ADHS mit Hyperaktivität können sie dagegen angezeigt sein.
⇒ Anmerkungen zu Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) bei AD(H)S im Beitrag ⇒ Medikamente bei AD(H)S – Übersicht 

Depression bei Kindern mit ADHS

Eine spätere Depression wurde bei Kindern mit ADHS durch die Intensität der Anhedonie in der Kindheit vorhergesagt.(5) Depression scheint zudem erheblich geschlechtsspezifisch zu sein.

Neurophysiologische Gemeinsamkeiten von Depression und ADHS

Dopamin bei Depression

Als Ursache von Depressionen wird vorrangig eine Störung des Noradrenalin- und Serotoninstoffwechsels im Gehirn angenommen.
Daneben deuten Studien darauf hin, dass ein Dopaminmangel (wie er auch für ADHS typisch ist) einige Depressionssymptome verursachen kann. Vieles deutet auf die Beteiligung des Belohnungssystems (insbesondere des mesolimbischen dopaminergen Systems) an Anhedonie, Dysthymie und Depression hin.(6)(7)(8)(9)(10)

Medikamente, die den Dopaminumsatz im Gehirn reduzieren, wie z.B. Neuroleptika oder Reserpin, können depressive Episoden auslösen.(11)
Umgekehrt zeigt der Dopaminagonist Bromocriptin in einigen Studien antidepressive Eigenschaften.(12)
Ebenso zeigte sich in einer Studie an (allerdings nur 5) Depressiven eine positive Wirkung von einer augmentierenden (ergänzend zu SSRI) Gabe von Methylphenidat, das bekanntlich durch Wiederaufnahmehemmung den Dopamin- und Noradrenalinspiegel anhebt.(13)

Dass Anhedonie der Dysphorie ähnlicher ist als den Symptomen einer mittleren oder schweren Depression könnte als Hinweis darauf verstanden werden, dass die AD(H)S-typische Dysphorie (bei Inaktivität) originär durch den ADHS-typischen Dopaminmangel (vorrangig im Striatum) verursacht wird. Dies würde auch erklären, warum eine Stimulanzienbehandlung (insbesondere durch Amphetaminmedikamente) die Dysphorie positiv beeinflussen kann. Zudem tritt Anhedonie auch als originäres ADHS-Symptom auf.
Chronischer Stress korreliert mit einer Dopaminverarmung im Gehirn und ist mit dopaminerg wirksamen Substanzen therapierbar. Mehr hierzu unter ⇒ Veränderung des dopaminergen Systems durch chronischen Stress im Beitrag ⇒ AD(H)S als chronifizierte Stressregulationsstörung im Kapitel ⇒ Stress.

Niedriger hedonischer Tonus bei ADHS und Depression

Bei Anhedonie spielen die mit Belohnung und Motivation verbundenen dopaminergen Schaltungen eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung des hedonischen Tonus, insbesondere Bottom-up- und Top-down-Projektionen in das dopaminerge System von(14)

  • PFC
  • lateraler Habenula
  • ventralem Tegmentum.

Depression, ADHS und Suchverhalten haben gemeinsam einen niedrigen hedonischen Tonus (Low hedonic tone).(14)(15)

Differentialdiagnostik von Depression und ADHS

Dysphorie bei Inaktivität ist ein originäres Symptom von ADHS. Tritt die Dysphorie bei Aktivität nicht auf oder ist Dysphorie stark interessengesteuert, sind dies deutliche Zeichen gegen Depression und für ADHS. Ist die Dysphorie hingegen unabhängig von der Aktivität und vom Interesse an der Aktivität, spricht dies unserer Ansicht nach eher für Depression. Damit ist nicht die stimmungsaufhellende Folge von Bewegung gemeint, die störungsunabhängig auftritt. 

Etwa 50 % aller schwer depressiven Patienten zeigen einen erhöhten basalen Tagescortisolspiegel (überaktive HPA-Achse). Etwa 35 % sind Nonsuppressoren beim Dexamethasontest.(31)(32)(33)

Bei Burnout ist dagegen der Tagescortisolspiegel deutlich niedriger, das Morgencortisol hoch (CAR) entfällt und der Tagesverlauf ist insgesamt abgeflacht.(34). Dies zeigt den Zusammenbruch des cortisolergen Systems in den letzten Stressphasen. Mehr hierzu unter ⇒ Zusammenbruch des Cortisolystems über die Stressphasen im Beitrag ⇒ Die Stresssysteme des Menschen – Grundlagen von Stress im Kapitel ⇒ Stress.

Dieser Text ist ein Auszug aus der Webseite www.adxs.org von ADxS.org.

ADxS.org ist ein vollständig nichtkommerzielles Projekt und ist dem Engagement von Ulrich und Kirsten Brennecke zu verdanken. Ihr erklärtes Ziel ist eine fachliche Auseinandersetzung mit ADHS aus wissenschaftlicher Sicht. ADxS.org zielt darauf ab, eine systematische Darstellung der für das Verständnis von ADHS relevanten medizinischen und neurobiologischen Zusammenhänge zu erstellen. Dabei wird stets versucht, neue Forschungsansätze zu integrieren und diese auch wissenschaftlich zu belegen. 

Auf der Internetplattform www.adxs.org ist das neutrale und eindrückliche «ADHS-Kompendium» sowohl Ärzten, Wissenschaftlern, Therapeuten als auch Betroffenen und ADHS-interessierten Personen kostenlos zugänglich. Eine 2. gedruckte und aktualisierte Auflage sollte im Frühling 2021 erscheinen. Die SFG ADHS bedankt sich für die freundliche Genehmigung, Textstellen aus dem Kapitel zu «Depression, Dysphorie und ADHS» im aktuellen Newsletter publizieren zu dürfen.

Buchbesprechung

 

Rezensionen zum aktuellen Bestseller von zwei begeisterten SFG-Mitgliedern

Dieses Buch müsste eigentlich als Pflichtlektüre allen Menschen «verordnet» werden, die mit Kindern zu tun haben. Pädagogen, Eltern, medizinisches Fachpersonal, Sozialarbeitende etc.

Was hier als Kinderbuch daherkommt – und als solches auch wunderbar zum Vorlesen oder selbst lesen geeignet ist – ist eine geballte Ladung an Anleitung zum Umgang mit Kindern, die unter Aufmerksamkeitsproblemen leiden. In herrlicher Sprache und wunderbar gezeichneten Bildern wird die Geschichte der Häsin Lotte erzählt, die kaum je den Ansprüchen von aussen genügen kann. Die Abgründe eines Kindes mit diesen Schwierigkeiten werden mit unglaublicher Einfühlsamkeit und Liebe geschildert. Die Probleme werden nicht bagatellisiert, sondern übers Buch verstreut mit genial einfach umzusetzenden Tipps ergänzt. Diese Tipps, die der langjährigen Erfahrung der beiden Psychologen Rietzler/Grolimund und ihrer Lernpraxis entstammen, sind am Ende des Buches nochmals sehr ansprechend illustriert, zusammengefasst.

Ein geniales Buch – schade, gibt’s das nicht schon viel länger. Manchen Kindern, Eltern und Begleitpersonen wäre durch dieses Wissen viel Leid erspart worden.

Ursula Ammann

Das Buch von Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund kommt sehr attraktiv daher: schön bunt, mit vielen tollen und liebevoll gemalten Bildern. Es macht so richtig Lust zum Lesen.

Der Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt, dass das Hasenmädchen Lotte so ungefähr alle Probleme hat, die Menschenkinder mit AD(H)S auch haben. Dinge werden vergessen, seien es Arbeitsblätter oder Hausaufgaben. Prüfungstermine stehen in der Agenda, doch leider in der falschen Woche. Die Lehrerin und die Mutter schimpfen viel mit Lotte. Vater und Onkel haben allerdings Verständnis für ihre Schwierigkeiten – und zum ganz grossen Glück hat sie zwei supergute Freundinnen. Doch erst mit dem Auftauchen der Wölfin Sakira erhält sie den «Schlüssel», für die Lösung ihrer Probleme. Denn sie lehrt das Hasenkind den Wolfsblick. Und dank diesem kommt Lotte mit ihrer AD(H)S, ihren exekutiven Funktionen und ihrer Achtsamkeit viel besser klar.

Lotte lernt viel und schafft es zunehmend besser, achtsam zu sein, denn dann vergisst man viel weniger. Bald gelingt es ihr, die Dinge richtig in die Agenda einzutragen und in den Schulsack zu packen. Am Ende der Geschichte geht es Lotte richtig gut. Man freut sich mit ihr und blättert weiter…Für Eltern und interessierte Erwachsene wird die Theorie nach der wunderschönen Geschichte – AD(H)S, exekutive Funktionen und Achtsamkeit – kurz und verständlich erläutert.

Es ist eine grosse Freude, ein solches Buch lesen zu dürfen und ich würde mir noch viel mehr solche Literatur wünschen. Passende Themen gäbe es noch einige…

Monika Brunsting

 

Hinweise

 Die Mitgliedertagung findet neu am 25. März 2021 (statt 18.3.2021), 14.00 – ca. 17.30 Uhr als Webinar mit zwei spannenden Referaten statt.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage: https://www.sfg-adhs.ch/

 

Editorial

Im aktuellen Newsletter gibt es Spannendes zu entdecken:
  • ·       Felicitas Furrer berichtet aus dem Vorstand.
  • ·       Dr. phil. Monika Brunsting geht in ihrem Artikel darauf ein, weshalb ein Training der Selbstregulation bei ADHS-Betroffenen hilfreich ist und wie dabei vorgegangen wird.
  • ·       Isolde Schaffter-Wieland berichtet von der 5. Nationalen ADHS-Tagung für Betroffene und Fachleute, BeFa, die sich dieses Jahr den Stärken ADHS-Betroffener widmete.
  • ·       ADHS-Coach Ursula Ammann stellt das BAUSTELLEN-FLIP vor, ein Coaching-Werkzeug, mit dem sich Themen erfassen, visualisieren und priorisieren lassen.
  • ·       Zu guter Letzt stellt uns Isol de Schaffter-Wieland das Buch «ADHS und Sucht im Erwachsenenalter» von Dr. Monika Ridinger vor.

Herzliche Grüsse,
Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund
 

Neues aus dem Vorstand

Felicitas Furrer, Geschäftsleiterin SFG ADHS

ADHS in der Hausarztpraxis

Der Vorstand hat sich schon seit geraumer Zeit darüber Gedanken gemacht, wie eine sinnvolle ADHS-spezifische Weiterbildung für Hausärztinnen und Hausärzte unkompliziert umgesetzt werden könnte.

Nach den positiven Erfahrungen unserer Co-Präsidentin Prof. Dr. Dominique Eich, die als ADHS-Expertin in einen Hausarzt-Qualitätszirkel in Affoltern am Albis eingeladen worden war, beschloss der Vorstand, das Angebot, ADHS-Expertenwissen in Qualitätszirkeln einzubringen, fix zu installieren. Weitere Informationen finden sich unter: https://www.sfg-adhs.ch/16-home/44-adhs-in-der-hausarztpraxis.html.

ADHS und Medikamente

Im Zusammenhang mit einem politischen Vorstoss erhielt der Vorstand Gelegenheit, zum immer wieder viel und kontrovers diskutierten Thema «ADHS und Medikamente» bei Kindern und Jugendlichen Stellung zu nehmen. Unter dem nachfolgenden Link finden Sie einen Auszug aus der Stellungnahme vom 2. Oktober 2017:

Neu 3 statt 4 Newsletter pro Jahr 

Der Vorstand hat beschlossen, die Anzahl der Newsletter auf drei pro Jahr zu senken und jede Ausgabe einem Hauptthema zu widmen.

 

Der Vorstand wünscht Ihnen und Ihren Familien frohe Festtage und ein glückliches Jahr 2018.

 

Hinweise auf Veranstaltungen

Veranstaltung SFG ADHS

  • Donnerstag, 22. März 2018, 14.00 – ca. 17.30, Seminarzentrum BAHNHOF Buffet Olten

Mitgliederversammlung mit zwei spannenden Fach-Referaten. Auch Nichtmitglieder sind herzlich willkommen!

Weitere Informationen unter: https://www.sfg-adhs.ch/ (Veranstaltungen)

 

Selbstregulation trainieren – warum und wie?

Monika Brunsting, Dr. phil. Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Sonderpädagogin

Verschiedene Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Selbstregulation entscheidend ist für Lern- und Lebenserfolg. Bereits in den siebziger Jahren untersuchte Walter Mischel mit seinem Team die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub, einer wichtigen Determinante der Selbstregulation. Mit seinem legendären «Marshmallow-Experiment» stellte er fest, dass bereits vierjährige Kinder über teilweise enorme Selbstregulationsfähigkeiten verfügten. Die stärksten Kinder schafften es, zwanzig Minuten lang ein Marshmallow (das sie sehr gerne haben wollten) anzuschauen und zu warten, bis die Versuchsleiterin zurückkehrte, weil es dann noch ein zweites geben sollte. Am anderen Ende der Skala befanden sich Kinder, die das Marshmallow schon gegessen hatten, ehe die Leiterin das Zimmer verlassen hatte. Seine Nachuntersuchungen (s. Eigsti, Mischel et al., 2006) ergaben, dass diejenigen jungen Erwachsenen, die mit vier Jahren über eine gute Selbststeuerung verfügt hatten, knapp zwanzig Jahre später schulisch erfolgreicher waren, bessere soziale Beziehungen hatten und weniger mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren.

2011 publizierten Terry Moffitt und ihr Forscherteam Ergebnisse einer Langzeitstudie, die 1000 Kinder von der Geburt bis ins Alter von 32 Jahren untersuchte. Neben einer Bestätigung der Befunde von Mischel fand diese Forschergruppe, dass Kinder mit der besseren Selbststeuerung gesünder und seltener substanzabhängig waren, ihre Finanzen besser im Griff hatten und weniger kriminelle Entwicklungsverläufe zeigten.

Auch aus einer anderen Perspektive spielt sie eine grosse Rolle: Angela Duckworth und Martin Seligman (2006) zeigten mit ihrer Studie, dass für den Schul- und Lernerfolg (und sicherlich auch für den Lebenserfolg!) die Selbststeuerung wichtiger ist als die Intelligenz. Konkret machte die Selbststeuerung in ihrer Untersuchung rund 70 % des Lernerfolgs aus.

Die Selbstregulation scheint also sehr bedeutsam zu sein. Hier ist allerdings nicht das Maximum gesucht, sondern ein Optimum, denn zu viel Kontrolle würde wieder andere Probleme mit sich bringen.

Die Selbstregulation ist teilweise in die Wiege gelegt, teilweise epigenetisch bestimmt und in ständiger Entwicklung begriffen. Sie entsteht somit im Zusammenspiel von Anlage und Umwelt. Russel Barkley wies bereits in seinem 1997 erschienenen Buch «ADHD and the nature of self-control» auf die Bedeutung der Selbstregulation im Zusammenhang mit ADHS hin.

Aus Sicht der Forschung erscheint es also sehr wichtig zu sein, Selbstregulation zu beherrschen, um im Leben erfolgreich sein zu können. Die allermeisten AD(H)S-Betroffenen haben gerade damit grosse Probleme. Was liegt näher, als sich Gedanken zu machen, wie man zu dieser Selbstregulation kommen kann, wenn man sie nicht in die Wiege gelegt bekommen hat?

Selbstregulation trainieren – aber wie?

Wie die Neurowissenschaften zeigen (Roth & Strüber 2014; Spork, 2017), beginnt die Entwicklung der Selbstregulation lange vor der Geburt. Der Molekularbiologe und Wissenschaftsjournalist Peter Spork erläutert, dass diese Entwicklung bereits drei Monate vor der Zeugung ihren Anfang nimmt («Spork Talk»): Angehende Eltern, die psychischem oder physischem Stress ausgesetzt sind oder sich einem solchen freiwillig aussetzen (Drogen, Alkohol usw.), versetzen ihren Körper in einen Zustand, der bereits in der pränatalen Phase auch den Embryo in Mitleidenschaft zieht. Damit gibt es bereits vor der Geburt einen Unterschied zwischen Embryonen, die ungünstigen und solchen, die günstigen Bedingungen ausgesetzt sind. Ab Geburt wirkt dann auch die jeweils aktuelle Umwelt mit und so ist die Selbstregulation bereits bei der Geburt unterschiedlich ausgeprägt: es gibt Babys, die schnell gestresst sind (die schreien oder schlecht trinken), sich schlecht selber beruhigen können (also den Schnuller nicht wollen oder den Daumen nicht finden), die wenig Neigung zeigen, sich längere Zeit mit etwas zu beschäftigen (ein Mobile beobachten, auf Ansprache reagieren) und es stellt sich die Frage, was man tun könnte, um daran etwas zu ändern.

Strategien aus der Hirnforschung für eine gesunde Hirnentwicklung

Dan Siegel (Neurowissenschaftler und Psychiater) hat zusammen mit Tina P. Bryson ein Buch verfasst, das helfen soll, eine gesunde Hirnentwicklung zu unterstützen. Die beiden haben fünf wichtige Ziele herausgearbeitet, auf die man mit verschiedenen Strategien hinarbeiten kann. Diese Überlegungen sind auch im Hinblick auf eine Entwicklung der Selbstregulation sehr nützlich:

Ziel 1: Die linke und rechte Hirnhälfte integrieren

Ihre Formel «Links + rechts = Klarheit und Verstehen» fasst das Ziel zusammen. Es geht darum, ganzheitlich-emotionales Denken mit logischem Denken zu verbinden. Als Strategie empfehlen sie, sich mit dem Kind emotional zu verbinden («Ich spüre und verstehe, dass du wütend bist, weil du nicht mehr hinausgehen darfst») und dann abzuwarten, bis es sich beruhigt hat.

Danach erfolgt der nächste Schritt und man versucht, dem Kind zu helfen, das Geschehene zu verstehen. «Benennen, um es zu zähmen» («name it to tame it») lautet ihre Devise. Im Alltag ist man häufig zu schnell mit dem nächsten Schritt und das Kind ist noch gar nicht offen dafür. Es kann auch hilfreich sein, ihm eine Geschichte/Situation zu erzählen oder die Kinder zu bitten, selber ein Beispiel zu finden.

Ziel 2: Das obere Gehirn fördern; das obere und das untere Gehirn integrieren

Für Siegel & Bryson ist das Hirn wie ein zweistöckiges Haus: Zum oberen Stockwerk gehört der Frontallappen, eine Hirnstruktur, die für die Selbstregulation von grösster Bedeutung ist. Das untere Stockwerk umfasst (u.a.) die limbischen Strukturen, die für unsere Emotionen zuständig sind. Weil das «obere Gehirn» sich erst spät entwickelt und damit noch nicht so stark ist bei Kindern und Jugendlichen, kann es leicht vom unteren «überwältigt» werden. Deshalb soll das obere Gehirn unterstützt und gefördert und die Kommunikation zwischen den beiden immer wieder angeregt werden (z.B. eine Frage stellen, verhandeln). Auch Impulse, die anregen, das obere Gehirn zu trainieren («Was würdest denn du tun?») können helfen. Wenn alles nicht klappt, kann man sich ablenken und bewegen (laufen, springen, Fussballspielen, Musikinstrument spielen)

Ziel 3: Erinnerung integrieren

Die Autoren empfehlen, bewusst Erinnerungen zu suchen und auf diese Weise implizite Erinnerungen explizit zu machen. So kann man aus Erinnerungen und Erlebnissen Erfahrungen machen. AD(H)S-Betroffene sind in diesem Bereich häufig auf Unterstützung angewiesen.

Eine Strategie kann sein, «die Fernbedienung des Geistes zu nutzen» (Siegel & Bryson 2013). Man drückt beispielsweise den inneren Pause-Knopf, man hält seine Geschichte an oder spult sie vor oder zurück. Eine sehr schöne Anleitung dazu findet sich bei Eline Snel (2013, S.89).

Ziel 4: Die vielen Teile des Selbst integrieren

Menschen sind komplexe Wesen, denen es nicht immer leichtfällt, alles auf die Reihe zu bringen. Alles in sich zu integrieren, erfordert ein Leben lang entsprechende Aktivitäten.

Die Aufmerksamkeit zu fokussieren, um mehr Kontrolle über die Gefühle und Gedanken zu erhalten, ist eine gute Strategie. Siegel & Bryson empfehlen, den Blick nach innen zu wenden, um Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken wahrzunehmen. Sie empfehlen, das innere Sehen zu üben, z.B. durch Achtsamkeitsübungen.

Ziel 5: Das Selbst und andere integrieren

Eltern und Lehrpersonen sollten positive mentale Modelle für Beziehungen sein und Situationen schaffen, die soziale Interaktionen unterstützen und fördern. Als Strategien regen Siegel und Bryson gemeinsame Unternehmungen an, bei denen man etwas erleben und sich gemeinsam freuen kann. Man kann solche und andere Freuden auch sammeln, aufschreiben und miteinander austauschen. Das Büchlein «Meine drei Freuden heute», kann dabei gut helfen (Bezugsquelle s. Anhang). Soziale Konflikte sind aus ihrer Sicht Gelegenheiten, um die Beziehungsfähigkeit zu üben und verdienen deshalb auch Achtsamkeit. Damit wird gleichzeitig auch das Bindungssystem gestärkt.

Nach diesen allgemeinen Entwicklungszielen und einigen Strategien, die zu diesen führen können, nun ein paar weiterführende Überlegungen zur Entwicklung und zum Aufbau der Selbstregulation.

Selbstregulation, Selbstwahrnehmung und Stress

Die Selbstwahrnehmung stellt eine wichtige Voraussetzung für eine gute Selbstregulation dar: Erst wenn wir wahrnehmen wie wir uns fühlen, können wir uns überhaupt entscheiden, was wir tun oder lassen sollen. Wir werden uns vielleicht eine kurze Auszeit nehmen, uns bewegen oder ein Glas Wasser trinken. Dies gilt insbesondere auch für Stress: Erst wenn wir unseren Stress wahrnehmen, können wir ihm begegnen: Wenn er zu stark ist und uns behindert, können wir lernen, ihn zu verringern. Es gibt verschiedene Ansätze, Selbstwahrnehmung zu lernen oder mit Stress klarzukommen. Achtsamkeitsübungen sind eine Möglichkeit. Bewegung hilft ebenfalls vielen Menschen (Sport, Yoga). In der Familie und in der Schule kann man verschiedene Wege kennenlernen, ausprobieren und erlernen. So könnte jedes Kind einen Weg findet, der ihm hilft. Findet man mehrere, umso besser, denn dann gibt es wohl immer einen, der funktioniert.

Achtsamkeit

Die Achtsamkeit, d.h. das achtsame (aufmerksame) im Momentsein, kann durch die innere Ruhe, die sich darin entwickelt, durch die Fokussierung auf etwas ganz Bestimmtes (z.B. den Atem) helfen, Selbstwahrnehmung und Selbstregulation zu entwickeln. Die Achtsamkeit schafft Raum für Selbstwahrnehmung: «Im Moment bin ich irgendwie nicht so zufrieden.» Sie rückt in den Fokus, was trainiert werden soll. Explizit ist der bewusste Plan: «Ich will jetzt eine stille Minute machen» und implizit entspricht diese dem Trainieren der Selbstregulation an sich. Die Achtsamkeit blendet aus, was unwichtig ist: «Dabei stören mich die vorbeifahrenden Autos nicht.»

Stille Minuten sind ein ganz einfacher Zugang zur Achtsamkeit. In Brunsting, Nakamura & Simma (2013) finden sich theoretische und praktische Ideen, wie man das realisieren kann, in Brunsting (2014) findet sich eine Anleitung für stille Minuten samt Anleitung (mit Tonspur auf CD).

Achtsamkeit hat viele Facetten. Man kann auch Alltagsdinge achtsam bewältigen (z.B. achtsam Zähne putzen, duschen oder Hausaufgaben machen).

Modelllernen

Das Modelllernen ist eine gut erforschte Art des Lernens, die sich als sehr effektiv erwiesen hat (Hattie 2012; Grünke 2014). Die erwachsene Person führt einen inneren Monolog laut, so dass das Kind zuhören kann, was die Mutter erlebt und was sie sich überlegt. Dies öffnet Handlungsalternativen: «Aha, wenn ich gestresst bin, könnte ich auch einmal probieren, in mein Zimmer zu gehen und dort etwas Schönes zu machen.»

Als Modelle können auch entsprechende Filme dienen. Fabian Grolimund, Stefanie Rietzler und Nora Völker haben eine Reihe von Filmen entwickelt, in denen auch das Thema Selbstregulation behandelt wird (siehe www.youtube.com/mitkindernlernen).

Spiel

Spiele erfordern eine gute Selbstregulation und trainieren verschiedene Aspekte der Selbstregulation. Alle Spiele haben Regeln und diese einzuhalten erfordert eine gute Selbstregulation. Spiele brauchen Aufmerksamkeit und eine gute Impulssteuerung. Die Motivation ist normalerweise gegeben, denn fast alle Menschen spielen gern, Anfang und Ende sind bei Spielen ebenfalls klar definiert (viel klarer und einfacher als etwa bei Arbeiten oder beim Aufräumen).
 
Da die meisten Menschen gerne spielen, kann es für den Aufbau der Selbstregulation hilfreich sein, eine Aufgabe mit einem Spiel zu kombinieren. So kann es für jede Minute Ordnung machen einen Smiley geben, den man dann in Spielminuten umtauschen kann.
 
Man kann das Aufräumen zu einem Experiment machen, von dem man nicht genau weiss, wie es herauskommt: «Was meinst du, wie weit kommst du in fünf Minuten?» Die Neugier wird zur treibenden Kraft und der Botenstoff Dopamin ist hier der «Kraftstoff». Das oft als Wohlfühlhormon bezeichnete Oxytocin kommt ins Spiel, wenn man etwas gemeinsam macht: «Was meint ihr, wie viele Smileys schaffen wir zusammen?»
 
Der Ausgang eines Spiels oder Experiments ist mit Beruhigung (Botenstoff Serotonin) verbunden, während die Phase des laufenden Spiels eher anregend ist (Dopamin). Spiele, in denen man gemeinsam etwas erreichen möchte, aktivieren Oxytocin und alle diese Botenstoffe zusammen können helfen, die Selbstregulation aufzubauen.

Sport, Musik und andere Hobbys

Auch Sport und Sportunterricht haben sich als gute Möglichkeiten erwiesen, Selbstregulation zu trainieren (Kubesch 2016). Dies sicherlich nicht zuletzt deswegen, weil Sport ein Muntermacher ist, das Gehirn mit genügend sauerstoffreichem Blut versorgt und dazu meist auch noch Spass macht: Insgesamt also eine ausgezeichnete Voraussetzung für das Lernen – auch für das Lernen der Selbstregulation.
 
Musik, Kunst, wissenschaftliche Interessen und andere intensiv gepflegte Hobbys sind ebenfalls gute Felder, um Selbstregulation zu trainieren. Denn ohne gute Selbstregulation kann man auch hier nicht weit kommen. Nicht umsonst zeichnen sich gute Sportler, Musiker oder Wissenschaftler durch eine gute Selbstregulation aus. Die meisten verfügen über viel Selbstdisziplin und kommen so nicht nur zu einer guten Selbstregulation, sondern auch zu guten oder herausragenden Leistungen. AD(H)S-Betroffene sind zwar oft begeistert von etwas, haben aber Mühe, längere Zeit dabei zu bleiben. Sie beim Dranbleiben zu unterstützen ist ein gutes Selbstregulationstraining. Es nicht zu tun wäre eine verschenkte Chance.

Zusammenfassung

Lernen ist ein kognitiver und emotionaler Prozess. Dies gilt auch für das Lernen und Ausüben der Selbstregulation und der anderen exekutiven Funktionen.
Die Neuroplastizität unseres Gehirns erlaubt es uns, sowohl die Selbstregulation als auch die anderen exekutiven Funktionen zu entwickeln.
Die Selbstregulation entscheidet über Lernen und Nicht-Lernen – auch der exekutiven Funktionen und der Selbstregulation. Sie bestimmt damit weitgehend auch über den Lebenserfolg.
Gewisse Schulformen setzen eine sehr gute Selbstregulation voraus. Offene Unterrichtsformen und -phasen stellen hohe Ansprüche an Kinder mit AD(H)S! Trotzdem kann man einen solchen Unterrichtsstil durchaus zeitweise pflegen. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass in jeder Klasse einige Kinder und Jugendliche damit überfordert sind und dass diese individuell unterstützt werden sollten, nach dem Motto: «So viel Selbststeuerung wie möglich und so viel Fremdsteuerung wie nötig.»
Interventionen, die zu Veränderungen führen sollen, müssen häufig erfolgen. Mit einem guten Gedanken baut man kein Hirn um! Mit vielen Wiederholungen ist jedoch vieles möglich.
 
Barkley, R. (1997). ADHD and the nature of self-control. New York: Guilford
Brunsting, M. (2014). Träumer oder ADS? (Buch und CD). Oberuzwil: Verlag Am Weiher.
Brunsting, M., Nakamura, Y. & Simma, C. (2013). Wach und präsent. Bern: Haupt
Brunsting, M. (2011, 2. Aufl.). Lernschwierigkeiten – wie exekutive Funktionen helfen können. Bern: Haupt
Brunsting, M. (2015). Meine drei Freuden heute. Oberuzwil: Verlag Am Weiher. Erhältlich direkt beim Verlag www.verlag-am-weiher.ch
Eigsti, I., Zayas, V., Mischel, W. et al. (2006). Predictive cognitive control from preschool to late adolescence and young adulthood. Psychological science, 17, 478-484
Grolimund, F., Rietzler, S. & Völker, N. (abgerufen am 30.10.17): verschiedene amüsante kleine Filme zu Themen der Selbstregulation (z.B. Impulsivität im Unterricht, verlieren lernen)
Hattie, J. (2012). Visible learning for teachers. London: Routledge
Kubesch, S. (Hrsg.) (2016, 2. Erweiterte Aufl.). Exekutive Funktionen und Selbstregulation. Bern: Huber
Kubesch S, Walk, L (2009). Körperliches und kognitives Training exekutiver Funktionen in Kindergarten und Schule. Sportwissenschaft, 4: 309-317
Lauth, GW, Grünke, M. & Brunstein, J. C. (2014). Interventionen bei Lernstörungen. Förderung, Training und Therapie in der Praxis. Bern: Hogrefe
Mischel, W. (2015): Der Marshmallow-Test. München: Siedler
Moffitt, T.E., Arsenault, Belsky, D. et al. (2011). A gradient of childhood self-control predicts health, wealth, and public safety. www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1010076108
Roth, G. (2011): Bildung braucht Persönlichkeit. Stuttgart: Klett-Cotta
Roth, G. & Stüber, N. (2014): Wie das Gehirn die Seele macht. Stuttgart: Klett-Cotta
Siegel, D.J. & Bryson, T.M. (2013). Achtsame Kommunikation mit Kindern. Freiburg: Arbor.
Snel, E. (2013): Stillsitzen wie ein Frosch (Taschenbuch mit CD). München: Goldmann
Spork, P. (2017). Gesundheit ist kein Zufall. Stuttgart: DVA
Spork, P. (abgerufen 30.10.17) «Talk im Internet» auf Website peter.spork.de
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Ende gut alles gut! Die BeFa 2017 war ein voller Erfolg.

Isolde Schaffter-Wieland, Vorstandsmitglied SFG ADHS

Nach Wochen der Ungewissheit, kam die grosse Überraschung: 270 Personen nahmen an der BeFa 2017 in der stimmigen Atmosphäre des Campus Sursee LU teil. Zum guten Gelingen beigetragen hat nebst der professionellen Organisation durch unsere Geschäftsführerin Felicitas Furrer und der elpos Zürich-Präsidentin Judith Landes sicher auch das motivierende Motto der Tagung: ADHS – Achtung, Du Hast Stärken!

«Fabian hörst du zu?», dies wurde der Psychologe und Autor Fabian Grolimund in seiner Kindheit oft gefragt. Als unser Mitglied und Redaktor des Newsletters sein Einführungsreferat «Warum ADHS die Evolution überdauerte» hielt, hing das Publikum förmlich an den Lippen des sich bekennenden «Träumers». Humorvoll, einfühlsam und ermutigend setzte er sich mit den Stärken, die sich oft hinter der ADHS-Thematik verstecken, auseinander. Dass die Menschheit sich über die Steinzeit hinaus weiter entwickelt hat und in jener Zeit die Reizoffenheit überlebenswichtig war, beweist, dass ADHS ganz klar auch Vorteile hat. Er sieht auch im Tagträumen eine kostbare Fähigkeit, die die Kreativität sowie das logische Denken fördert und die Stimmung anheben kann. Zu beachten gilt allerdings: Betroffene müssen nebst ihren Stärken auch ihre Schwächen kennen und zur Erkenntnis gelangen, dass sie lernen müssen, mit diesen umzugehen. Wertvoll an Grolimunds Auftritt war zudem, dass er seine treffenden Aussagen mit praktischen Strategien und Tipps bereicherte. Der Vortrag wurde gefilmt und kann unter dem folgenden Link abgerufen werden:

http://www.mit-kindern-lernen.ch/component/zoo/item/adhs-staerken-schwaechen

Aufmerksamkeit erhielt ebenfalls das Referat «ADHS: Stand der Wissenschaft. Auswirkungen auf Diagnostik und Therapie» von unserem Co-Präsidenten Prof. Dr. med. Thomas Jörg Müller, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Der ärztliche Direktor der Privatklinik Meiringen erläuterte unter anderem die Ergebnisse einer neueren Studie, die zur Folge hat, dass ADHS auch im Erwachsenenalter diagnostiziert werden dürfe, selbst wenn der Betroffene als Kind nicht abgeklärt wurde und rückblickend nicht alle Kriterien erfülle. Wie wichtig die Diagnostizierung im Kindesalter jedoch ist, beweist eine andere Studie über die Komorbiditäten bei erwachsenen Betroffenen. So liessen sich bei Adipositas und ADHS genetische Überlappungen finden und es zeigte sich einmal mehr, dass Menschen mit dieser Veranlagung eher Gefahr laufen, straffällig zu werden oder eine Suchtproblematik zu entwickeln. Spannend fand eine Teilnehmerin auch den Ländervergleich zur Prävalenz von ADHS bei Erwachsenen mit seinen eklatanten Unterschieden: Gegenüber 7,8 % in Frankreich, sind es im Libanon nur gerade 1,8 %. Eine mögliche Erklärung für diesen kleinen Anteil, vermutet Müller, könnte das System der Grossfamilie und das strengere Regime sein.

Unser Vorstandsmitglied Dr. Markus Frey, Facharzt für Allgemeine Medizin konnte mit seinen Ausführungen über «Alte und neue Stärken der medikamentösen Therapie» nicht nur Fachpersonen erreichen. Dass die Diagnose in einem riesigen Spannungsfeld stehe, erklärte Frey damit, dass ADHS kein anerkanntes Störungsmodell ist und es dafür keine zuverlässige genetische, neurologische/neuropsychologische, bildgebende oder laborchemische Untersuchungsmethode gibt. Eltern empfanden die anschauliche Art und Weise wie er über Einsatz, Wirkung und Nebenwirkungen von Stimulanzien sprach (und dabei natürliche Substanzen und Nahrungsmittelergänzungen nicht ausklammerte), besonders hilfreich.

Aus allen Nähten platzte jeweils der Raum, in dem Ursula Ammann, MAS Supervision und Coaching iap ZHAW, ihre Tricks und Tools für Fachpersonen zur Ressourcenstärkung vermittelte. Als Mitglied der Schweizerischen Fachgesellschaft ADHS nahm sie die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit auf eine Entdeckungsreise durch das Visualisieren und die Arbeit mit Tierfiguren – Methoden, die sich in der Psychoedukation und im Coaching mit Betroffenen besonders gut einsetzen lassen. Denn oft fällt es dem Klienten leichter, anhand von Tierfiguren sein IST/SOLL-Verhalten zu reflektieren oder über eine Situation zu sprechen. Zudem sind in der Zusammenarbeit mit Betroffenen kreative Ansätze sehr gefragt.

Die Ergotherapeutin Rita Mühlebach schilderte in ihrem Kurzreferat den Menschen als handelndes Wesen und wie wichtig es für sein Selbstvertrauen und seinen Selbstwert ist, mit einer Handlung erfolgreich zu sein. Für ein Kind ist es besonders demotivierend, zehnmal zu hören: «Versuch’s nochmal» – und erneut zu scheitern. Die erfahrene Fachfrau erklärte anschaulich die Ingredienzen, die es braucht, damit Handlung gelingt: Hand (Motorik, Sensorik), Kopf (Kognition, Perzeption) und Herz (emotional, sozial). Und mit ihrer Aussage, dass der Mensch nicht nur über sieben, sondern etwa 13 Sinne verfügt, hatte sie die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden definitiv angesprochen. «Handlung ist überall, wenn wir atmen oder selbst wenn wir liegen, handeln wir.»

Durch Handlung lernt der Mensch:
  • ·       Gedankliches Vorausplanen, antizipieren (sehen, was dann passiert)
  • ·       Schrittweise an eine Tätigkeit herangehen (sagen, was ich tue, damit es ins Bewusstsein kommt = inneres Sprechen)
  • ·       Organisiertes und strukturiertes Vorgehen
  • ·       Strukturen erkennen (Kategorien bilden)
  • ·       Ausdauer und Beharrlichkeit, eine Arbeit zu Ende zu führen (Wichtig für die Resilienz: Erfahrung, etwas überwunden zu haben!)
  • ·       Das Ziel im Auge behalten
  • ·       Neues lernen, Neues entdecken
  • ·       Kooperieren (gemeinsam etwas tun)
  • ·       Mutig sein
  • ·       Mit der erlebten Selbstwirksamkeit sein Selbstbewusstsein zu stärken

Unser Mitglied, die Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, Sonderpädagogin und Autorin, Monika Brunsting richtete sich in ihrem Referat speziell an Lehrpersonen und machte auf «Stärken bei ADHS und Hochbegabung» aufmerksam. Menschen bewältigen ihr Leben mithilfe ihrer Stärken und trotz ihrer Schwächen. «Dass Stärken helfen können, mit grossen Schwierigkeiten klarzukommen, zeigte meine Untersuchung mit Erwachsenen, die ihre Legasthenie teilweise erst im Erwachsenenalter bewältigten.» Ebenfalls in diese Richtung zielte der Vortrag von Madeleine Stadler, Fachpsychologin für Kinder- und Jugendpsychologie FSP. Die Spezialistin für Begabungsförderung animierte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, den Blick für die Entwicklung von Talent und Fähigkeiten zu schärfen, und vermittelte gleichzeitig wertvolle Ansätze und Ideen, wie Begabungen gefördert werden können.

Bevor die Bühne für den kulturellen Ausklang freigegeben wurde, zog Ursula Ammann spontan Bilanz zu den insgesamt 12 Workshops und Referaten. «Diese Tagung ist so toll, weil sie nicht auf die Defizite fokussiert.» Dass die Themen-Palette auch dem Publikum gerecht wurde, bestätigen die positiven Rückmeldungen der Teilnehmenden. Miguel Camero, Human Beatbox Entertainer, sorgte zum Schluss für Sound und Stimmung, begleitet von der Crew aus seinem Beatbox-Workshop. «Ich bin hyperaktiv und das Beatboxen ist mein Ventil, um Dampf abzulassen.» Wie auch Liliane Waldmeier, die an der Tagung über ihr Leben als Betroffene sprach, berührte er das Publikum mit seiner Authentizität. Fazit: Vom Anfang bis zum Schluss war die BeFa 2017 ein starker Anlass, der die positiven Eigenschaften der ADHS ins Zentrum rückte, ohne dabei die Realität zu beschönigen.

An dieser Stelle danken wir allen HelferInnen, die zum Erfolg und reibungslosen Ablauf der Tagung beigetragen haben ganz herzlich!

 

ADHS Analog

Ursula Ammann, MAS ZHAW Supervison, Coaching, Dozentin und Studienleiterin am icp

In einer regelmässigen Serie schreibt Ursula Ammann über analoge Methoden, die sich im Therapie- und Coaching-Bereich bewährt haben. Start macht das BAUSTELLEN-FLIP.

U. a. wenn KlientInnen/PatientInnen zu einem Erstgespräch kommen, haben sie meistens einen sehr langen Weg hinter sich. Mit dem Baustellenflip habe ich eine Methode entwickelt, die in kurzer Zeit einen guten Überblick darüber gibt, welche Themen den Menschen, der sich mit uns auf den Weg machen will, gerade beschäftigen, welche IST-SOLL Differenz diese aufweisen und welches Anliegen die höchste Priorität hat.

 

Bild im Einverständnis des Klienten

Das Visualisieren hilft den meisten ADHS Betroffenen enorm. Ich schreibe also auf einen Flipchart erstmal den Titel «Baustellen», dann – hier abgedeckt – das Kürzel des Klienten und das Datum. In der Folge sammle ich einzelne Themen. Hier war in der ersten Wolke eine Krankheit, für die ich nicht zuständig bin, die aber wichtig ist, wahrgenommen zu werden. Für diesen Klienten stand ein Auslandsemester an (Ort abgedeckt), das in der Folge auch als dringendste Baustelle mit 2 Klebern bewertet wurde. Die Skalierung IST-SOLL zeigt eine Momentaufnahme. Diese Skalierungen können eng oder weit auseinanderliegen. 10-er Skalierungen sind dabei nicht immer realistisch.... ;-)

Ein Baustellen-Flip empfinden die meisten Klienten als sehr entlastend, es macht auch einfach klar, dass nicht alle Themen gleichzeitig angegangen werden können, dass aber nichts vergessen geht. Ab und zu kann man damit auch überprüfen, wo man aktuell in der Bearbeitung steht. Die Themen bringt immer der Klient / die Klientin selbst, ich schreibe nur auf. Ich bin davon abgekommen, den Klienten selbst schreiben zu lassen, weil dies in der Regel zu sehr ablenkt und sich nicht wenige für ihre Schrift oder die Rechtschreibung schämen.

In der weiteren Bearbeitung geht es dann darum, was bei dem Anliegen schon unternommen wurde im Stil von a) was hat sich bewährt = mehr davon und b) was hat sich nicht bewährt = weniger davon. Da kann man auch weitere Fragen einfliessen lassen: wer würde einen unterstützen, wer würde Veränderungen zu verhindern versuchen, wie kann man selbst Veränderung verhindern, woran würde man Veränderung erkennen, etc. – der Ansatz dazu ist die systemisch-lösungsorientierte Beratung.

Gerne können Sie mich bei Fragen kontaktieren, ansonsten wünsche ich fröhliches Ausprobieren!

www.amteam.ch

 

Buchbesprechung: ADHS und Sucht im Erwachsenenalter

Isolde Schaffter-Wieland, Vorstandsmitglied

Unser Mitglied Dr. Monika Ridinger ist die Autorin des Fachbuches ADHS und Sucht im Erwachsenenalter. In der Neuerscheinung beleuchtet die Psychiaterin und Psychotherapeutin (FMH) die Risiken, Formen und Interventionen zum Thema Sucht und erläutert Interdisziplinäre Ansätze von der Prävention zur Therapie. Die Systemische Paar- und Familientherapeutin hat sich sowohl klinisch als auch in Lehre und Forschung intensiv mit den Themen Bindung, ADHS und Suchtentwicklung beschäftigt und dazu zahlreich publiziert.

Gemäss Dr. Monika Ridinger ist das Ziel der Publikation, das komplexe Thema ADHS und die Kombination von ADHS und Sucht bei Erwachsenen zu «entwirren» und «Lust» auf die Beschäftigung mit diesen beiden Störungsbildern zu vermitteln. Zudem soll das Buch Diskussionen zur Thematik anregen und zu kreativen und praktischen Vorgehensweisen in der Therapie animieren. Inhaltlich werden Handlungs- und Erfahrungswissen gut nachvollziehbar mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen verknüpft. Aus diesem Grund eignet es sich als Lektüre für Fachpersonen aus der Medizin und Therapie genauso gut wie für direkt und indirekt Betroffene. Dies wertet die Rezensentin als besonders wertvoll.

Riedinger: «Bei Vorliegen eines ADHS besteht im Vergleich zu Menschen ohne ADHS je nach Substanz ein drei bis sieben Mal so hohes Risiko, an einer Sucht zu erkranken. Umgekehrt lässt sich bei etwa einem Viertel der Menschen mit einer Sucht ein ADHS nachweisen. Die Entwicklung einer Sucht bei ADHS wird durch zusätzliche psychische Störungen oder Symptome, wie z. B. Ängste, Depressionen oder auch Persönlichkeitsstörungen, begünstigt. Insgesamt schwanken die Prävalenzzahlen für die Komorbidität von ADHS und Sucht erheblich, sowohl für die einzelnen Substanzen als auch im Ländervergleich.» 

Die Autorin gibt zu bedenken, dass sowohl die Kernsymptome des ADHS als auch die Schwierigkeiten bei der sozialen Anpassung im Entwicklungsverlauf mit Erfahrungen von Versagen und Scheitern erhebliche Risikokonstellationen für eine Suchtentwicklung darstellen. «Da sich die Sucht erst ab der Adoleszenz oder jenseits des 20. Lebensjahres ausbildet, können gezielte Unterstützung und Förderungen von Betroffenen mit ADHS sowie Früherkennungsmassnahmen bei Bestehen beider Störungsbilder erheblich zu einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen.»

 

Die Selbstmedikationshypothese ist für die Entwicklung einer Abhängigkeit ebenso unbestritten wie die Tatsache, dass sich die Symptome des ADHS und der Sucht bei komorbidem Bestehen gegenseitig ungünstig beeinflussen und die Prognose von beiden Störungsbildern verschlechtern. Begünstigend wirken jedoch nicht nur die Symptome des ADHS, sondern auch die Konsequenzen des ADHS als sehr frühe Störung im Entwicklungsverlauf. Als Beispiele werden hier auch mangelnde Schul- oder Berufsabschlüsse aufgeführt.

Im Weiteren führt Dr. Riedinger das Modell der fehlgeleiteten Selbstmedikation als zentralen Erklärungsansatz für das gemeinsame Auftreten von ADHS und Sucht auf. Auf der Grundlage der Dopaminmangelhypothese wird erklärt, dass die dopaminerge Aktivierung des Belohnungssystems bei Konsum psychotroper Substanzen im Sinne einer fehlgeleiteten Selbstmedikation die Entwicklung zur Sucht fördert. Riedinger: «Beim ADHS liegt durch die genetisch bedingte erhöhte Dopamintransporterdichte ein relatives Dopamindefizit in den Netzwerkstrukturen des Belohnungssystems vor.»

Auch der problematische und übermässige Internetgebrauch wird im Buch als fehlgeleitete Selbstmedikation beschrieben. Wie bei der substanzgebundenen Abhängigkeit soll er zur Linderung der ADHS-Symptome, respektive der komorbiden und begleitenden Symptome (z.B. Ängste, verminderter Selbstwert) dienen (Yen et al. 2014). Dementsprechend zeigte eine Untersuchung von Jugendlichen mit Internetabhängigkeit, dass eine konsequente medikamentöse Behandlung des ADHS bereits nach acht Behandlungswochen die Aufmerksamkeitsleistung verbesserte und zu einer signifikanten Reduktion der Internetnutzung führte (Han et al. 2008).

Ausblick der Autorin: «Zusammenfassend ist demnach die Behandlung des ADHS und der Komorbidität von ADHS und Sucht eine individuelle und komplexe Angelegenheit. Grundlage für die multimodalen Behandlungsansätze sind die neurobiologischen Veränderungen in verschiedenen Netzwerken des Gehirns, die sowohl beim ADHS als auch bei der Sucht zu Beeinträchtigungen führen. Dabei ist heute bekannt, dass eine Aktivierung der gestörten Hirnkreisläufe nicht nur durch medikamentöse Behandlung, sondern auch durch kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen, Neurofeedbackmethoden oder achtsamkeitsbasierte Verfahren erfolgen kann.»

Herausgeber des im Kohlhammer Verlag erschienenen Buches „ADHS und Sucht im Erwachsenenalter“ sind O. Bilke-Hentsch, E. Gouzoulis-Mayfrank und M. Klein.

dalsidhlaksdhlkashdljashdlakshdoighiougdsifuzgsdifuzgisdufgoasgdoaiusgdiasugfiudsfgsidzfgisdfgiszdgfiuzsdgfizgdfiugaskjajkgsadgjkasgkgkjagkgkjasgagkgasdkgjasdjkgasdjhasdjhsadlihhgasdoausdoughasdasdasdasdasd

ADHS Aktuell

 
Editorial
 

Der Newsletter vom Juni 2021 blickt zurück auf das erste Webinar der SFG ADHS. Die beiden Referate zu den Themen ADHS-Medikation und Nebenwirkungen von Prof. Dr. med. Thomas Müller sowie ADHS und Psychose von Prof. Dr. med. Sarah Kittel-Schneider stiessen auf ein sehr grosses Interesse. Den Inhalt des spannenden Webinars fasst Isolde Schaffter-Wieland mit Grafiken und Hinweisen auf Studien für Sie zusammen.

Dr. med. univ. Christian Mikutta geht der Frage nach, welche positiven Effekte der Alpinsport, insbe­sondere Wandern und Klettern, auf die ADHS und deren Behandlung haben können und zeigt an einem konkreten Beispiel auf, wie wichtig die breite Aufklärung über ADHS generell und bei spe­zifischen Risikogruppen ist. Kurz geprüft wird auch, ob der Alpinsport ein erhöhtes Risiko für den Gebrauch von Stimulanzien darstellt.

Unter der Rubrik «im Blickpunkt» verweist Isolde Schaffter Wieland auf interessante News und Links aus den USA (Quelle: CHADD) zu Themen wie ADHS-Medikation und Missbrauchs-Prävention, Aus­wirkungen der ADHS und deren Behandlung auf die Gesundheit, möglicher Auslöser für neurolo­gische Entwick­lungs­störungen einschliesslich ADHS.  

Wie ADHSler erfolgreich im Beruf sein und vermeintliche Schwächen in Stärken umwandeln können, legt Dr. Heiner Lachenmeier in seinem neuen Buch aus wissenschaftlicher Sicht und auf leicht verständliche Art dar. Weshalb dieses Buch auch für Jugendliche, junge Erwachsene und deren Eltern zu empfehlen ist, beschreibt Isolde Schaffter-Wieland in ihrer Buchbesprechung.

Zum Schluss finden Sie einen Hinweis auf das neu erschienene Behandlungsmanual Videospiel- und Internetabhängigkeit.

Herzliche Grüsse

Felicitas Furrer und Isolde Schaffter-Wieland

 

Die Mitglieder-Tagung vom 25. März 2021 im Rückblick

Bearbeitung: Isolde Schaffter-Wieland

 

Am Webinar mit Referaten von Prof. Dr. med. Sarah Kittel-Schneider, Fachärztin für Erwachsenenpsychiatrie und Psychotherapie, stv. Klinikdirektorin an der Universitätsklinik Würzburg und Prof. Dr. med. Thomas Müller, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie ärztlicher Direktor der Privatklinik Meiringen nahmen knapp 100 interessierte Personen teil.

 

Unser Co-Präsident Thomas Müller sprach nach der Eröffnung der Webinar-Tagung durch Geschäftsführerin Felicitas Furrer über die ADHS-Medikation und Nebenwirkungen. Ein Thema, das im Kreis von Fachpersonen stets auf grosses Interesse stösst. «Einfach nur eine Tablette zu geben, reicht nicht!», betont Thomas Müller. Die Diagnose ADHS stellt zudem keine zwingende Behandlungsindikation dar! Sie ist abhängig:

 

  • vom Schweregrad von ADHS
  • von komorbiden psychiatrischen und somatischen Störungen
  • von psychosozialen Defiziten
    • starke Beeinträchtigung in mindestens einem Lebensbereich
    • leichte Beeinträchtigung in mindestens zwei Lebensbereichen

   

 

Dabei ist unbedingt auch an die Ressourcen des Patienten / der Patientin zu denken!

Vor- und Begleituntersuchungen sind ein Muss. Das Hauptaugenmerk ist gemäss Facharzt bei Kindern und Erwachsenen auf ein kardiales Risiko zu richten, wenn:

 

  • sich aus der Vorgeschichte oder bei einer körperlichen Untersuchung Hinweise auf eine Herz-Kreislauferkrankung ergeben oder eine entsprechende familiäre Belastung vorliegt.
  • Die Voruntersuchungen orientieren sich an häufig auftretenden und relevanten unerwünschten Wirkungen (siehe II.2.4.1.). Da Puls- und Blutdrucksteigerungen sowie Appetitminderung und Auswirkungen auf das Längenwachstum zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählen, wird empfohlen standardmäßig Puls, Blutdruck, Körpergewicht und Körpergröße und bei Kindern und Jugendlichen die entsprechende Altersperzentile zu bestimmen.

 

Kontrolluntersuchungen

  • Puls- und Blutdruckkontrollen bei Anpassung der Dosierung sowie routinemässig etwa alle 6 Monate
  • Bei wiederholten Ruhetachykardien, Arrhythmien und/oder erhöhtem systolischen Blutdruck – Dosisreduktion und Überweisung zum (Kinder-) Kardiologen
  • Bei Auftreten psychotischer Symptome (z.B. Wahn / Halluzinationen) – Absetzen des Präparates und ausführliche psychiatrische Abklärung
  • Bei neu auftretenden Krampfanfällen oder Exazerbation eines bekannten Krampfleidens – Absetzen des Präparates und Überweisung zum Neurologen/Neuropädiater

Auch auf Suizidalität (Atomoxetin) oder Suchtpotential muss bei einer Medikation geachtet werden.

 

Suchtpotential

  • Allgemein: eine rechtzeitige und Diagnose-gerechte Gabe erniedrigt das Risiko für Substanzmissbrauch; meist keine Dosissteigerungen festzustellen
  • Aber: Psychostimulanzien haben Sucht- / Missbrauchspotential!
  • Retardpräparate verringern das Risiko
  • Ggf. Einsatz von Atomoxetin oder Guanfacin / Antidepressiva wie Bupropion bei komorbider Suchterkrankung

Thomas Müller hält fest, dass zu einer Medikation in der Regel eine psychotherapeutische Begleitung und/oder ein ADHS-Coaching gehören (Multimodale Behandlung).

Das optimale Medikament für eine erfolgreiche Therapie herauszufinden, ist eine Geduldsfrage und müsse in Zusammenarbeit mit dem Patienten evaluiert werden.

Es ist ein Fakt, dass 13% der Betroffenen nicht von MPH und AMF profitieren können. 

 

 

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Arnold LE. J Atten Disord 2000; 3: 200–11

 

ADHS im Erwachsenenalter: wann, welches Präparat?

  • Grundsätzlich gemäss Compendium: MPH  ATO  LDA
  • Bei Vorbehandlung im Kindesalter: Fortführen der wirksamen Therapie
  • Komorbide Störungen
    • Suchterkrankung: eher ATO / LDA
    • bipolare Störung: Phasenprophylaxe zwingend
    • schizophrene Störung: ATO
    • depressive Störung und nicht schwer ausgepägtes ADHS: Bupropion, evtl. Venlafaxin
    • Hypertonus: Guanfacin (?)
  • Mangelnde Wirksamkeit von MPH: LDA, Amphetamine

Auswahl von geeigneten Medikamenten

 

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Quelle: Retz W, Retz-Junginger P, Davydenko S, Rosler M. [Pharmacotherapy of attention deficit hyperactivity disorder in adults]. Nervenarzt. 2020; 91(7): 583-90.

 

Im Anschluss an das Referat wurde die Fragerunde rege genutzt.

Auf grosse Resonanz stiess auch das Referat von Prof. Dr. med. Sarah Kittel-Schneider. In neuer Zeit gibt es zunehmend Hinweise, dass zum einen eine kindliche ADHS ein Risiko für die Entwicklung einer schizophrenen oder schizoaffektiven Störung im späteren Leben sein könnte, zum anderen wird auch häufiger die Komorbidität ADHS und Schizophrenie in der Adoleszenz und im jungen Erwachsenenalter diagnostiziert. Die medikamentöse Behandlung dieser Komorbidität ist komplex, zumal unter Stimulanzien-Therapie durchaus auch psychotische Symptome als unerwünschte Wirkung auftreten können. Und bei Patienten mit vorbekannten Psychose-Erkrankungen wird zum Teil eine Exazerbation psychotischer Symptomatik in Zusammenhang mit Stimulanzien-Therapie oder -Missbrauch beobachtet. Die Fachärztin leitet im Universitätsklinikum Würzburg auch eine Spezialsprechstunde für adulte ADHS. Sie berichtete in ihrem Vortrag über die komplexen Zusammenhänge und die neurobiologischen Ursachen sowie über die Behandlungsmöglichkeiten der Komorbidität und Psychose.

Sie hält eingangs ihres Referats fest, dass es nur spärlich Literatur und Studien zu dieser Thematik gibt – aber es scheint, dass diese Komorbidität ADHS und Psychose/Schizophrenie durchaus existiert. Nachfolgend einige Auszüge aus der Präsentation von Prof. Dr. Kittel-Schneider.

 

ADHS und Psychose/Schizophrenie - Prävalenz

 

  • Prävalenz cADHS und aADHS in Patienten mit Schizophrenie:
  • Metaanalyse fand Angaben zwischen 17-57% und 10-47% Komorbidität
  • In einer Stichprobe von 126 SCZ Patienten screenten in SR Fragebögen 47% positiv für ADHS Symptome entweder in Kindheit oder Erwachsenenalter
  • 23% berichtet sowohl in Kindheit als auch Erwachsenenalter ADHS Symptome
  • Schwedische Kohorte von Patienten mit erster psychotischer Episode
  • (n=2091, 16-25 J.)
  • 2,5 % Intelligenzminderung, 5% Autismus Spektrum Störung, 8,1% ADHS
  • ADHS war zudem assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Substanzkonsumstörungen und selbstverletzenden Verhalten nach 2 Jahren (OR 2,6 und 4,1) 
    Schneider et al., Am J Psychiatry, 2014, Arican et al., Acta Psychiatr Scand, 2018, Stralin, Jetta, European Psychiatry, 2019

 

ADHS bei Schizophrenie

 

  • Von 122 Patienten mit Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis zwischen 15-65 Jahren, konnten bei 21 (17%) die DSM-IV Kriterien einer ADHS in der Kindheit erhoben werden
  • Bei 82 Kindern zw. 4-15 Jahren mit SCZ oder schizoaffektiver Störung wurden bei fast allen komorbide Störungen gefunden, bei 84% eine ADHS 
    Peralta et al., Schizophrenia Research, 2010, Ross et al., Schizophrenia Research, 2006

Risiko ADHS für eine spätere Schizophrenie

  • 208 Jugendliche mit ADHS (25 Mädchen) prospektiv verfolgt in dänischem Register
  • Im Alter von 31 J.: 3,8% Diagnose einer Schizophrenie
  • Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung: RR 4,3 (95% KI 1,9-8,57).
  • Kein signifikanter Unterschied bzgl. Stimulanzienmedikation zwischen Jugendlichen/jungen Erwachsenen mit vs. ohne Schizophrenie spricht gegen einen negativen Einfluss von Stimulantien auf das Psychoserisiko

 

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Daalsgard et al., Eur Psychiatry, 2018

 

Das Psychoserisiko gemessen mit dem PDI (Peters et al. Delusion inventory) ist signifikant korreliert mit ADHS Symptomen (gemessen mit der ASRS).

Fest steht, dass Menschen mit höheren ADHS Symptomen in der ASRS auch ein höheres Risiko für psychotische Symptome haben.

Zu Unterschieden kommt es zudem in Bezug auf das Geschlecht der Betroffenen.

Für die nachfolgende Studie wurden Daten von 40‘103 Erwachsenen mit ADHS (44% Frauen) und 1‘661‘103 Erwachsenen ohne ADHS (49% Frauen) ausgewertet.

  • Prävalenzunterschiede assoziiert mit ADHS waren signifikant größer bei Frauen als bei Männern für Angststörungen, Depression, Bipolarer Störung und Persönlichkeitsstörungen.
  • Prävalenzunterschiede waren größer bei Männern für Schizophrenie und Substanzabhängigkeit.
    Solberg et al., Acta Psych Scand, 2
 
 
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Zur Frage, ob Stimulanzien das Psychoserisiko erhöhen, gibt es folgende Studie als Antwort:

Untersucht wurden 20‘586 Patienten mit MPH (Kinder und Jugendliche)

  • 103 hatten eine psychotische Episode; 72 (69.9%) davon waren männlich
  • Kein gesteigertes Risiko konnte während der Zeiträume gefunden werden, in denen die Patienten MPH einnahmen im Vergleich zu Zeiten ohne Einnahme (incidence rate ratio (IRR) 1,02 (0,53–1,97)).
  • Ein gesteigertes Risiko für Psychose war allerdings zu sehen in Zeiten vor Beginn der MPH Einnahme (IRR 4,64 (2,17–9,92))
  • Dies bekräftigt wiederum die Annahme eines erhöhten Risikos der Entwicklung einer Psychose/Schizophrenie bei Kindern mit ADHS unabhängig von der MPH Medikation                                               Quelle: KK C Man et al., 2016

Die Referentin geht in der Folge auch der Frage in Bezug auf eine Symptomüberlappung statt echter Komorbidität nach. Sie stellt bedauernd fest, dass es hier gut wäre, noch bessere Diagnoseinstrumente zu haben, da es schwierig sei, ein schizophrenes Prodrom und ADHS zu unterscheiden.

  • Schizophrenes Prodrom in Kindheit und Jugend ist relativ unspezifisch
    • Stimmungsschwankungen
    • beginnend kognitive Defizite
    • Probleme in der Schule (ADHS idR aber kein deutlicher Leistungsknick in der Adoleszenz)
  • Schizophrenie
    • Antriebssteigerung
    • Impulsivität
    • kognitive Defizite können auch in akuten psychotischen Phasen auftreten

 

ADHS und Schizophrenie haben nachweisbar eine hohe Heritabilität.

 

  • Psychosepatienten mit einer komorbiden ADHS/ADHS in der Kindheit haben
    • ein schlechteres Funktionsniveau
    • eine schlechtere Prognose
    • respondieren schlechter auf Antipsychotika
    • ein höheres Risiko für Suizidversuche/Suizide

Prof. Dr. Sarah Kittel-Schneider betont, dass es für Patientinnen/Patienten mit der Komorbidität ADHS + Psychose sehr wichtig ist, dass man sich achtsam um sie kümmert.

Bei der Verschreibung von Stimulanzien sei Vorsicht geboten und gegebenenfalls eher auf Atomoxetin zu tendieren. Aber auch eine Therapie mit Methylphenidat oder Lisdexamfetamin bei suffizienter Einstellung auf eine antipsychotische Medikation sollte bei der gesicherten Komorbidität ADHS und Schizophrenie/schizoaffektive Störung in Betracht gezogen werden. Hier aber sind engmaschige Kontrollen notwendig.

 

Sind Stimulantien nützlich bei Schizophrenie (+ADHS)?

 

Dazu eine Erhebung aus Dänemark. Im dänischem Gesundheitsregister wurden alle Daten von Patienten mit SCZ und mit Verschreibung von Stimulanzien analysiert.

  • Die Einnahme von Stimulanzien war assoziiert mit einer Reduktion in der Anzahl an stationär-psychiatrischen Einweisungen von 3,43 (95% KI 2,86-4,01) zu 2,62 (95% KI 1,99-3,25), noch deutlich in Frauen (im Durchschnitt: -1,37, 95% KI = -2,34 bis -0,40)
  • Behandlungstage in der Psychiatrie waren reduziert um 40 Tage (95% KI 24,5-55,6) bei Patienten, die vor Stimulanzienverschreibung mindestens einmalig stationär gewesen waren.
  • Insgesamt gab es weniger Antipsychotika-Gabe bei den Patienten: (Defined Daily Dose [DDD]) war reduziert (P = 0,001).

Quelle: Rhode et al., Schizophr Bull, 2018

Unklar hier, wie viele Pat. möglicherweise eine nicht diagnostizierte ADHS als Komorbidität hatten

Andere Studien geben Hinweise, dass die kognitiven Fähigkeiten bei schizophrenen Patienten durch Modafinil verbessert werden können.

Hierzu ein Fallbeispiel von der Referentin:

  • Pat., 23 Jahre, wird von Hausarzt zur Zweitmeinung, Diagnostik und ggf. Umstellung der Medikation überwiesen
  • Bei Vorstellung nimmt Pat. 3 mg Risperidon und beklagt darunter Gewichtszunahme, Konzentrationsschwierigkeiten und eine psychomotorische Eingebundenheit und Trägheit
  • Vorangegangen war eine Episode mit zunächst depressiver Stimmungslage, dann aber auch paranoiden Wahnideen; aber keine Halluzinationen, keine Ich-Störungen; bei einem ersten stationären KH Aufenthalt wurde dennoch eine paranoide Schizophrenie (F20.0) diagnostiziert
  • Schon von Kindheit an Probleme mit Aufmerksamkeit und Konzentration, leichte Ablenkbarkeit, Verträumtheit. Daher auch Schwierigkeiten im Lehramtsstudium
  • Diagnose einer ADS und retrospektiv Ausschluss einer SCZ, Diagnose einer wahnhaften Depression DD schizoaffektiven Störung
  • Im Verlauf Umstellung der Medikation auf Aripiprazol (5 mg) und Methylphenidat ret. (bis 80 mg)
  • Hierunter gute Stimmung und Leistungsfähigkeit, absolvierte ein Praktikum. Pausieren von MPH in den Semesterferien, Einnahme dann wieder während Semester, aber nur 30-40 mg
  • Im Sommer darauf dann nach Einnahme eines hormonellen Kontrazeptivums und peristatischen Belastungsfaktoren sowie Absetzen der kompletten Medikation erneut depressiv-wahnhafte Symptomatik
  • Nach Wiedereindosieren des Aripiprazol bis 10 mg dann nach 2 Wochen fast vollständige Remission
  • Im Winter (2. Coronawelle in D) deutlich gedrückte Stimmung, Überforderung an der Uni, Schlafstörungen: Eindosieren Bupropion bis 300 mg, Mirtazapin bis 15 mg und teilstationärer Aufenthalt für 2 Wochen
  • Seitdem Prüfungen bis auf eine alle geschafft, Stimmung soweit stabil, Konzentration und Aufmerksamkeit zufriedenstellend
  • Aktuelle Medikation: Aripiprazol 5 mg, Bupropion 300 mg, Mirtazapin nur bB. , MPH pausiert
  • In erneuter Lernphase dann Umstellung der Medikation auf Aripiprazol 5 mg, Bupropion 150 mg und Methylphenidat ret. 30 mg unter EKG Kontrolle. Hiermit deutlich bessere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, alle Klausuren bestanden.
 
Die wichtigsten Punkte aus dem Webinar «ADHS und Psychosen» auf einen Blick: 
 
  • Es gibt eine nicht unerhebliche Komorbidität zwischen ADHS und Schizophrenie
  • Komorbide ADHS und SCZ haben schwereren Verlauf und schlechtere Prognose
  • Es gibt gemeinsame genetische Risikofaktoren
  • MPH scheint nicht das Risiko einer späteren Psychoseerkrankung zu erhöhen, eher die ADHS/ADHS-artigen Symptome an sich
  • ADHS DD Prodrom SCZ ist nicht immer einfach zu unterscheiden
  • Stimulanzien Behandlung scheint möglich zu sein bei Patienten mit ADHS+SCZ und ggf. zu Verbesserung kognitiver Defizite bei SCZ alleine -> aber nur unter stabiler antipsychotischer Einstellung

 


Prof. Dr. Thomas Müller äusserte seine Begeisterung und seinen Dank für den spannenden Vortrag seiner Kollegin und es wurden wiederum Fragen beantwortet. Unter anderem bestätigte Prof. Dr. Sarah Kittel-Schneider, dass Cannabiskonsum das Psychose-Risiko erhöht und sie in Deutschland bei Erwachsenen mit Cannabiskonsum kein MPH verschreiben würden.

Im Anschluss an die beiden Online-Referate fand die Mitgliederversammlung mit 29 Teilnehmenden (27 Stimmberechtigten) statt – auch hier waren es deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Der Tag klang dann intern noch mit einer konstituierenden Sitzung der Sektion der Ärzte und Ärztinnen der SFG ADHS aus.

Wir danken allen, die diese Online-Mitglieder-Tagung zu einem Erfolg machten!

ADHS und Alpinsport

Dr. med. univ. Christian Mikutta, Leitender Arzt Privatklinik Meiringen

Prof. Dr. med. Thomas Jörg Müller, Ärztlicher Direktor, Chefarzt Privatklink Meiringen

 

Sportliche Betätigung – insbesondere Ausdauersport – zeigt einen positiven Effekt in der Behandlung von ADHS (1). Beschrieben wird dieser in Bezug auf kognitive, Verhaltens- und sozio-emotionale Symptome. Für den Alpinsport existieren bis anhin nur Studien in kleiner Population, welche hier zusammengefasst werden. Des Weiteren wurde ADHS mit Risikoverhalten in Zusammengang gebracht.  Anhand des Beispiels von Dan Osman sollen die Risiken und Caveats von ADHS im Alpinsport diskutiert werden. Letztlich wird auf den oft kolportierten Missbrauch von Amphetaminen im Alpinsport eingegangen.

 

Alpinsport in der Therapie von ADHS

 

Bis anhin existieren nur Studien zu Sportklettern und Alpinwandern – allerdings mit eher kleinen Probandenzahlen. Sportklettern fördert exekutive Funktionen (2). Zusätzlich ist Angst ein Motivationsfaktor, welcher hilft, die Aufmerksamkeit zu fokussieren und zu halten (3). Letztlich konnte gezeigt werden, dass Sportklettern  Problemlösungsstrategien, Planung, Entscheidungskompetenz und auch das Lernen von Fehlern fördert (4). Zusammenfassend ist Sportklettern unter der richtigen Anleitung (Kletterlehrer, Bergführer, Kletter-Therapeut) eine höchstwahrscheinlich gut geeignete Zusatztherapie für ADHS.

Bergwandern, wurde bisher in einer ADHS-Population noch nie explizit als Therapie untersucht. Da es jedoch Aspekte des kardiovaskulären Trainings beinhaltet und mit dem Naturerlebnis kombiniert ist, scheint eine positive Wirkung sehr wahrscheinlich (5). In einer Population von Kindern mit ADHS konnten die positiven Effekte von Outdoor Aktivitäten wie z.B. Wandern bereits nachgewiesen werden (6) .

 

Zusammenfassend können Disziplinen des Alpinsportes wie Wandern oder Klettern zu einer Symptomreduktion wie auch zu einem erhöhten Wohlbefinden beitragen.

Risikoverhalten und ADHS am Beispiel von Dan Osman

 

Bei einem Teil der Patientenpopulation mit ADHS wird ein Risikoverhalten angetroffen. Dan Osman (1963-1998) war ein Sport- und Alpinkletterer, welcher in seinen Free-Solo Kletterprojekten sowie seinen Rope-Jumping Aktionen ein überdurchschnittliches Risikoverhalten zeigte (siehe z.B. www.bergsteigen.com/news/videos/video-speed-solo-by-dan-osman). In einer retrospektiven Analyse wurden bei Dan Osman ausgeprägte ADHS-Symptome festgestellt (7). Aus seinen eigenen Kommentaren geht hervor, dass der erzwungene hyperfokussierte Zustand beim Klettern ohne Seil für ihn eine beruhigende und angenehme Erfahrung war. Dan Osman war nie in psychiatrisch/psychotherapeutischer Behandlung, obwohl es seit früher Kindheit Anzeichen für ein ADHS gab. So war sein Spitzname als Kind „Danny I forgot“. Durch seine Biografie ziehen sich Episoden mit Impulsivität, Vergesslichkeit, kleineren Gesetzesverstössen und kurzen Gefängniszeiten. Er starb 1998 im Yosemite Vally als bei einem Sprung aus 300 Metern Höhe ein Knoten des Fangseils riss.

 

Dieses Beispiel zeigt einerseits, wie wichtig die breite Aufklärung über ADHS in der Allgemeinbevölkerung und bei spezifischen Risikogruppen ist, andererseits unterstreicht es, dass das Wissen über Risikosportarten und deren Subkulturen ein wichtiger Teil der Behandlung von ADHS sein sollte.

Missbrauch von Amphetaminen im Bergsport

 

Zu Beginn des Höhenalpinismus scheint der Gebrauch von Amphetaminen und ähnlichen Substanzen eine Rolle gespielt zu haben. Eine Untersuchung aus den 90-Jahren zeigt einen vermehrten Gebrauch von Amphetaminen beim Höhenbergsteigen. In den Alpen waren 7 % der Alpinisten bei Touren über 3000 hm positiv auf Amphetamine getestet worden (8). Auffällig war, dass ein Amphetamin-Konsum sehr häufig bei Touristen von ausserhalb der Alpenländer vorkam. Die aktuelle Datenlage bezüglich Amphetamingebrauch im Alpinismus ist schlecht und beruht hauptsächlich auf Anekdoten. Laut der aktuellsten Studie, welche 430 Alpinisten untersuchte, die den Mont Blanc bestiegen, stellen Amphetamine ein marginales Problem dar (9). Im Gegensatz dazu zeigt sich bei Höhenbergsteigern eine zunehmend bessere Vorbereitung auch im medizinischen Bereich, insbesondere um einer Höhenkrankheit vorzubeugen.

 

Zusammenfassend stellt der Alpinsport also kein erhöhtes Risiko für den Gebrauch von Stimulanzien dar.

 

 

Literatur

 

  1. Den Heijer AE, Groen Y, Tucha L, Fuermaier AB, Koerts J, Lange KW, et al. Sweat it out? The effects of physical exercise on cognition and behavior in children and adults with ADHD: a systematic literature review. Journal of neural transmission. 2017;124(Suppl 1):3-26.
  2. Ng QX, Ho CYX, Chan HW, Yong BZJ, Yeo WS. Managing childhood and adolescent attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) with exercise: A systematic review. Complement Ther Med. 2017;34:123-8.
  3. Lee HS, Song CS. Effects of therapeutic climbing activities wearing a weighted vest on a child with attention deficit hyperactivity disorder: a case study. Journal of physical therapy science. 2015;27(10):3337-9.
  4. Blakely MJ, Smith SL, Russell PN, Helton WS. The impact of cognitive load on climbing and climbing on cognitive performance. Appl Ergon. 2021;94:103413.
  5. Anderson CL, Monroy M, Keltner D. Awe in nature heals: Evidence from military veterans, at-risk youth, and college students. Emotion. 2018;18(8):1195-202.
  6. Kuo FE, Taylor AF. A potential natural treatment for attention-deficit/hyperactivity disorder: evidence from a national study. Am J Public Health. 2004;94(9):1580-6.
  7. Tofler IR, Hyatt BM, Tofler DS. Psychiatric Aspects of Extreme Sports: Three Case Studies. Perm J. 2018;22:17-071.
  8. Roggla G, Roggla M, Zeiner A, Roggla H, Deusch E, Wagner A, et al. [Amphetamine doping in leisure-time mountain climbing at a medium altitude in the Alps]. Schweiz Z Sportmed. 1993;41(3):103-5.
  9. Robach P TG, Lasne F, Buisson C, Méchin N, Mazzarino M, et al. Drug Use on Mont Blanc: A Study Using Automated Urine Collection. PLOS ONE. 2016;11(6).

 

Im Blickpunkt

 

US-Webinar zum Thema ADHS-Medikation und Missbrauchs-Prävention

(erschien im Januar 2021)

ADHD Medication and College Students: Prevent Misuse, Abuse and Diversion


Kevin M. Antshel, PhD 

View on YouTube 

Download the handouts - ADHD Medication and College Students: Prevent Misuse, Abuse, and Diversion 

Obwohl verschreibungspflichtige Stimulanzien häufig hochwirksam bei der Verringerung der ADHS-Symptome bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sind, wurden in den letzten Jahren die Probleme des nichtmedizinischen Missbrauchs und Missbrauchs von verschreibungspflichtigen Stimulanzien bei Jugendlichen, Studenten und Erwachsenen deutlich. Einige Studenten, die mit ihrer Arbeit überfordert sind, wollen von den bekannten Vorteilen von Stimulanzien profitieren (Enhacement). Sie bitten Freunde, Bekannte oder andere Schüler, ihnen ihre eigenen, verscheibungspflichtigen Medikamente zu verkaufen – dabei kommt es auch zu Diebstählen von ADHS-Medikamenten unter Schülern. In diesem Live-Webinar erfahren Sie, was Fachleute, Eltern und Studenten tun können, um präventiv Missbrauch oder Missbrauch zu verhindern.

Dr. Kevin Antshel is an Associate Professor of Psychology in the College of Arts and Sciences at Syracuse University. He is also the Director of Clinical Training in the College of Arts and Sciences at Syracuse University. His research focuses on developmental psychopathology with specific emphasis on attention-deficit / hyperactivity disorder (ADHD) across the lifespan.

Adult ADHD: Impact on Chronic Conditions and Adherence to Medical Recommendations

Original Air Date March 16, 2021 | 4:30 p.m.

Einführung des Webinars durch Prof. Dr. Russell A. Barkley am Virginia Treatment Center für Kinder und an der Virginia Commonwealth University Medical Center in Richmond, Virginia.

View on YouTube 

Download the Handouts 

Bahnbrechende Forschungsergebnisse schätzen, dass die Lebenserwartung von Erwachsenen mit ADHS um 8,4 Jahre reduziert wird. Dies ist oft das Resultat von schlecht behandelten, gleichzeitig auftretenden Erkrankungen, einschliesslich Adipositas, Drogenmissbrauch und Rauchen. Diese haben ihren Ursprung in Verhaltensweisen, die für ADHS symptomatisch sind und zu einer schlechten Einhaltung medizinischer Ratschläge und Behandlungsschemata führen können.

In diesem Webinar erfahren Sie:

  • • Wie ADHS die Selbstversorgung und die körperliche Gesundheit beeinflusst
  • • Die Auswirkungen der Behandlung von ADHS auf die Gesundheitsentwicklung
  • • Wie Sie ADHS in Ihrer Praxis identifizieren 

 

US-Presseschau:

Functional MHCI deficiency induces ADHD-like symptoms with increased dopamine D1 receptor expression

Eine unangemessene synaptische Entwicklung könnte möglicher Auslöser für neurologische Entwicklungsstörungen, einschliesslich der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sein... Diese Ergebnisse zeigen eine unerwartete Rolle von MHCI bei drei Hauptsymptomen der ADHS und könnten einen neuen Meilenstein in der Pathogenese darstellen.

Artikel in: Physician's Weekly, May 24, 2021

Secondhand Smoke Exposure Linked to Odds of ADHD Symptoms

Laut einer Studie, die online am 20. Mai in JAMA Network Open veröffentlicht wurde, ist die Exposition gegenüber Passivrauch (SHS) von der Schwangerschaft bis zur Kindheit mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Symptome und Subtypen von Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) verbunden

Artikel in: HealthDay, May 21, 2021

How effective is clonidine for ADHD?

Clonidin ist ein nicht-stimulierendes ADHS-Medikament, das ein Arzt möglicherweise auch zur Senkung des Blutdrucks verschreibt. Derzeit sind sich die Forscher noch nicht sicher, wie Clonidin bei der Behandlung von ADHS-Symptomen hilft. Dieser Artikel thematisiert Clonidin ausführlicher und betrachtet die Vorteile und Risiken der Einnahme dieses Arzneimittels zur Behandlung von ADHS. 

Artikel in: Medical News Today, May 20, 2021

Quelle der Informationen: CHADD

 

Buchbesprechung

 

Mit ADHS erfolgreich im Beruf

So wandeln Sie vermeintliche Schwächen in Stärken um

Dr. Heiner Lachenmeier

Springer Sachbuch CHF 25.50 / e-book CHF 20.50

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Bereits nach den ersten Seiten wird klar: Unser Mitglied Dr. Heiner Lachenmeier hat sich mit seinem informativen, aufklärenden und lösungsorientierten Sachbuch in einer Art und Weise mit der ADHS-Thematik auseinandergesetzt, wie sie ein Novum ist. Erfolgreich im Beruf sein, Schwächen in Stärken umwandeln – der Autor weiss und verrät, wie es gelingen kann.

Als Facharzt FMH für Psychiatrie & Psychotherapie sowie aus eigener Erfahrung hat sich Heiner Lachenmeier sehr reflektierend und bis ins Detail mit den Symptomen und deren Auswirkungen auf den ADHSler* auseinandergesetzt. Dies jedoch mit dem klaren Ziel, die positive Seite und Chancen einer ADHS zu beleuchten. Wertvoll ist das Buch zudem, da es viele spannende Fallbeispiele enthält, jedes Kapitel mit «Zugaben» angereichert ist und umsetzbare Tipps und Tricks beinhaltet, die aus zahlreichen Studien und der langjährigen intensiven Arbeit des Autors mit Betroffenen – und dem eigenen ADHS – resultieren. Der/die Lesende begegnet einerseits Wohlwollen und verstehendem Erklären, andererseits schreibt der Autor Klartext, ohne jedoch zu moralisieren. Ich bin überzeugt, dass dieses Buch nicht nur für Menschen mit dieser Veranlagung und ihr Umfeld interessant ist, es spricht auch Fachpersonen an, die sich intensiver mit der Thematik auseinandersetzen und/oder Betroffene bei der Berufsfindung und im Berufsleben konstruktiv begleiten wollen. (isw)

* Der Autor spricht in seinem Buch von ADHSlern. «Es wurde mir vorgeworfen, dass ich zu salopp von ADHSlern spreche. Da mit ADHSler auch ich selbst gemeint bin, erlaube ich mir diese Nonchalance. Es ist einfacher als das sperrige und fast schon invalidisierende ADHS-Betroffener.»

Zum Inhalt des Buches (Waschzettel):

Was ist ADHS, und vor allem, wie verhalten sich Menschen mit ADHS? Was bedeutet das für das Erleben der Betroffenen, welchen Einfluss hat es auf ihren Zugriff auf ihre Fähigkeiten, und wie wirkt sich das auf das Arbeitsleben aus?

Ausgehend von diesen Fragestellungen zeigt der Autor erstmals aus wissenschaftlicher Sicht und in leicht verständlicher, gut konsumierbarer und nicht zuletzt humorvoller Form auf, wie sich ADHS auf das Arbeitsleben auswirkt und welche Chancen sich mit einem besseren Verständnis dieser neurologischen Variante auftun können. Denn unter bestimmten Bedingungen kann ADHS in einigen Arbeitsbereichen klare Vorteile bieten! Selbstverständlich werden aber auch mögliche Schwierigkeiten im Berufsleben beleuchtet und dafür konkret umsetzbare Lösungswege aufgezeigt.

Jugendliche und junge Erwachsene sowie deren Eltern finden hier hilfreiche Unterstützung, um möglichst erfolgreich in der Arbeitswelt durchzustarten – mit, trotz oder gerade wegen ADHS!

 

Neuerscheinung

 

Behandlungsmanual Videospiel- und Internetabhängigkeit

Daniel Illy / Jakob Florack

Elsevier Verlag, CHF 39.—

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Ein Thema, das häufig auch ADHS-Betroffene betrifft. Zur Behandlung der vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen, erhält die Therapeutin und der Therapeut in diesem Manual konkrete Schritt-für-Schritt-Anleitungen. 

Der Fokus liegt auf einer Teilabstinenz - angestrebt im Rahmen einer offenen Gruppentherapie. Die Therapie gliedert sich in zehn Module, zu denen jeweils konkrete Handlungsempfehlungen gegeben werden. Arbeitsblätter zum Kopieren oder Downloaden unterstützen die Durchführung der Therapiestunden.

«Gaming Disorder», die Abhängigkeit von Videospielen oder problematischem Internetkonsum, ist eine Thematik mit der TherapeutInnen zunehmend konfrontiert werden. Seit der Einführung der neuen ICD-11 kann dieses Störungsbild zudem diagnostiziert/kodiert werden.

Ergänzend zum Manual gibt es auch: 

  • Illy, Praxishandbuch Videospiel- und Internetabhängigkeit
  • lly, Ratgeber Videospiel- und Internetabhängigkeit - für Betroffene und Angehörige

Das Buch eignet sich für:

  • Fachärzte und Weiterbildungsassistenten Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Psychotherapie
  • Psychologische Psychotherapeuten
  • Kinder- und Jugendpsychiater

 

Herausgeber / Autoren 

 

Dr. med. Daniel Illy ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Er arbeitetet als Leitender Oberarzt im Asklepios Fachklinikum Lübben - Standort Königs Wusterhausen. 

Gemeinsam mit seinem Kollegen Jakob Florack, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und Oberarzt in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Vivantes Klinikum im Friedrichshain gründete er 2015 eine Sprechstunde für betroffene Jugendliche. Bis dato hat Dr. Illy zwei weitere Sprechstunden samt gruppentherapeutischem Angebot zur Behandlung der Videospiel- und Internetabhängigkeit gegründet.

 

Editorial

 
Im diesem Newsletter stellt uns der Soziologe Dominik Robin erste Ergebnisse aus einem interdisziplinären Forschungsprojekt zur Förderung von Kindern mit einer Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung vor und beschäftigt sich mit der Frage, welche Beweggründe Eltern haben, sich für eine Pharmakotherapie des Kindes zu entscheiden.
Frau Isolde Schaffter-Wieland rezensiert das Buch «ADHS bei Erwachsenen – Coaching als innovativer Beratungsansatz für Ärzte und Therapeuten.» von Regine Hinkelmann.
Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund haben einen Artikel zur Psychoedukation von Eltern ADHS-betroffener Kinder verfasst, der das Wichtigste zum Störungsbild der ADHS in einfachen Worten erklärt.
Mit Genehmigung des VDS fasst Isolde Schaffter-Wieland die wichtigsten Inhalte der Tagung «Dyslexie, Dyskalkulie – von Nachteilsausgleich bis Förderung» kurz zusammen. Die Inhalte sind nicht zuletzt aufgrund der hohen Komorbidität von ADHS und spezifischen Lernstörungen relevant.
Dr. med. René Kindli weist auf eine neue Austauschplattform zur Diagnostik und Therapie der ADHS hin.
Am Ende finden Sie die Veranstaltungshinweise.
Herzliche Grüsse,
Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund
 
 

Warum Eltern sich für eine medikamentöse ADHS-Behandlung ihres Kindes entscheiden. Erkundungen zum Entscheidungsprozess.

 
Dominik Robin, lic. phil., Soziologe am Institut für Gesundheitswissenschaften, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
 
Interdisziplinäres Forschungsprojekt 
Im Rahmen einer interdisziplinären Studie, bei der die Förderung von Kindern mit einer Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Zentrum steht, kooperierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Freiburg, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und des Collegium Helveticum der ETH / Universität Zürich. Finanziert wurde das Projekt von der Stiftung Mercator Schweiz. Erste vorläufige Resultate sowie theoretische Überlegungen der einzelnen Teilstudien des Projekts wurden in einer 11-teiligen ADHS-Reihe im Schweizer Elternmagazin Fritz + Fränzi (2016) publiziert.
Die ZHAW erkundete in einer empirischen Teilstudie elterliche Entscheidungsprozesse und richtete ihren Fokus insbesondere auf die Wahl medikamentöser Behandlungen. Befragt wurden dabei Eltern, die in der Deutschschweiz wohnhaft sind, und ein Kind im Alter von 6 bis 14 Jahren haben, das von einer Fachperson mit einer ADHS diagnostiziert wurde. Der Datenkorpus bestand aus 6 Elterninterviews sowie einem anonymisierten Online-Fragebogen, den 87 Eltern komplett ausgefüllt haben. Sowohl in den mündlichen Interviews als auch dem Online-Fragebogen wurden den Eltern Fragen zu den Auffälligkeiten, zum Wohlbefinden ihres Kindes, zur Wahl für oder gegen eine bestimmte Behandlung sowie zur Situation zu Hause und in der Schule gestellt.
 
Entscheidungsprozesse von Eltern
Dieser Beitrag fokussiert sich auf die Frage, wie Eltern sich für eine pharmakologische Behandlung ihres Kindes entscheiden und welchen Herausforderungen sie dabei im alltäglichen Umgang mit ADHS begegnen.
 
Leidensdruck beeinflusst den Schul- und Familienalltag
Die Studienergebnisse aus den Interviews zeigen, dass die elterlichen Entscheidungsprozesse zunächst von einigen Herausforderungen geprägt sind. Der Weg zu einer Entscheidung ist durch langwierige Behandlungsgeschichten gekennzeichnet, wobei die Eltern zu Beginn nicht etwa eine pharmakologische Behandlung als erstbeste Lösung bevorzugen, sondern zuerst andere Behandlungsmethoden (z. B. Homöopathie, Kinesiologie oder Ergotherapie) ausprobieren. Aus Eltern-Perspektiven werden diese Behandlungen allerdings als ungenügend wirksam oder sogar wirkungslos beschrieben. Die Eltern stellen bei ihren Kindern hingegen einen zunehmenden Leidensdruck fest, der sich häufig im schulischen Setting manifestiert. Der Leidensdruck der Kinder äussert sich gemäss den Erzählungen der Eltern in zu hohen Erwartungen der Schule oder dem Druck, Leistungen erbringen zu müssen. Die Kinder müssten in der Schule gemäss Zitaten von betroffenen Eltern zu schnell „vom einem zum nächsten“ gehen und hätten „zu wenig Spielraum“, die Aufgaben so umzusetzen, wie sie das eigentlich wollten. Diese Überforderung führt schliesslich zu einer Unfähigkeit, dem Unterrichtsstoff folgen und Aufgaben zeitgerecht abliefern zu können. Ihre Kinder litten unter einer „Reizüberflutung“ und könnten mit der „Flut von Informationen“ nicht umgehen. Auf emotionaler Ebene führe dies dazu, dass die Kinder das Gefühl haben „vergesslicher und langsamer“ als andere Kinder zu sein oder sich „dümmer“ als andere vorkommen. Die Kinder fühlen sich dadurch „ausgegrenzt“. Die Auswirkungen dieses sukzessiv steigenden Leidensdrucks, der anfänglich in der Schule auftauchte, und aufgrund dessen die Eltern mit der Zeit eine pharmakologische Behandlung in Betracht ziehen, beeinflusst zudem das familiäre System negativ und umgekehrt. Eine Mutter berichtet wegen der Überforderung der ADHS-Situation ihres Kindes von Streit unter den Eltern. Dieser Streit kann sich dann wiederum negativ auf das Verhalten des Kindes und die Symptomatik der ADHS auswirken. Diese negativen Wechselwirkungen der schulischen Herausforderungen und der familiären Belastungen wird von den Eltern auch als „Hinüberschwappen“ bezeichnet. In der Soziologie sind solche Prozesse auch als „negative Rückkopplung“ (Fuchs et al., 1973) bekannt, die dazu beitragen, ein soziales System – in diesem Fall mit negativen Folgen – aufrecht zu erhalten.
 
Leidensdruck als wichtigster Entscheidungsmechanismus
Die in den Interviews gewonnenen Erkenntnisse über den Leidensdruck als zentrale Entscheidungsgrundlage wurden auch in der Online-Umfrage bestätigt. Die Eltern, die sich bereits für eine pharmakologische Behandlung ihres Kindes entschieden haben (71 von 87 Befragten), wurden in der Online-Umfrage nach den Gründen für ihre Entscheidung gefragt. Als häufigster Grund wurde hierbei der Leidensdruck von 77.5% der Eltern genannt. Als weitere häufige Gründe tauchten familiären Belastungen (62.0%) sowie schulischen Leistungsanforderungen (58.0%) auf. Die weiteren Gründe sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.
Gründe, warum Eltern sich für eine medikamentöse Behandlung entscheiden
*Bezieht sich auf die Daten von 71 befragten Eltern, die sich für eine Pharmakobehandlung ihres Kindes entschieden haben.
*Mehrfachantworten waren möglich
 
Häufigkeit
Prozente
Leidensdruck des Kindes
55
77.5%
Familiäre Belastungen
44
62.0%
Schulische Leistungsanforderungen
41
58.0%
Empfehlung von einer Fach- oder Lehrperson
35
49.3%
Keine Wirksamkeit von anderen Behandlungen
28
39.4%
Mangel an Unterstützung
19
26.8%
Gute Erfahrung mit Medikamenten bei anderen
12
16.9%
Druck von einer Fach- oder Lehrperson
7
9.9%
Den sozialen Umgang des Kindes verbessern
3
4.2%
Anderer Grund
6
8.5%
Total genannte Gründe
246
352.5%
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kurzfazit
Sowohl in den mündlichen Interviews als auch in den Daten, die online erhoben wurden, tauchte der Leidensdruck als wichtigstes Entscheidungskriterium für eine medikamentöse Behandlung auf. Ebenso wurde ersichtlich, dass es zu einer negativen Wechselwirkung des Leidensdrucks in der Schule, bedingt durch zu hohe Leistungsanforderungen, und dem familiären Leidensdruck, bedingt durch eine elterliche Überforderung mit der Situation, kommen kann. Soziologisch war die Rede von einer „negativen Rückkopplung“, die Eltern bezeichneten diesen Prozess als ein „Hinüberschwappen“. 
 
Vergleich mit anderen Studien
Elterliche Entscheidungsprozesse in Bezug auf ADHS-Behandlungen wurden im internationalen Kontext auch von anderen sozialwissenschaftlichen Studien untersucht. Diese kamen zu ähnlichen Ergebnisse wie die dargestellten Resultate aus der Schweiz. Soziologische Studien haben z. B. festgestellt, dass betroffene Familien grundsätzlich Mühe haben, sich für eine bestimmte Therapie ihrer Kinder zu entscheiden, wobei die Entscheidung für eine medikamentöse Behandlung auch mit einem elterlichen Dilemma verbunden ist (Hansen & Hansen, 2006). Die Eltern müssen nämlich den Nutzen wie die Leistungssteigerung und Anpassung im schulischen Kontext mit den Risiken der Nebenwirkungen und den unbekannten Langzeiteffekten abwägen. Andere Studien zeigten auf, dass der Wunsch, den Kindern zu helfen, zentral ist, um Entscheidungsprozesse zu verstehen. Die Eltern versuchten deshalb durch medikamentöse Behandlungen die Stabilität alltäglicher Routinen wiederherzustellen oder ein Gefühl der „Sicherheit“ wiederzuerlangen (Coletti et al., 2012). Sie waren dabei vom Gedanken getrieben, für das Kind das zu tun, was „für es am besten ist“ (Charach u.a. 2006) oder einfach das, was „am meisten hilft“ (Cormier 2012). Erschwert wurden die Entscheidungsprozesse dabei vom Umfeld der betroffenen Familien, z. B. in Form von Drucksituation, mit denen das Kind und die Eltern in der Schule oder in der Nachbarschaft konfrontiert sind. Dabei wurden Formen der Diskriminierung und Stigmatisierung als Hindernisse auf dem Weg der Behandlungsentscheidung festgestellt (Singh, 2002). 
 
Literatur
Coletti, D., Pappadopulos, E., Katsiotas, N., Berest, A., Jensen, P., Kafantaris, V. (2012). Parent Perspectives on the Decision to Initiate Medication Treatment of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder. Journal of Child and Adolescent Psychopharmacology, 22 (3), 226-237.
Cromier, E. (2012). How Parents Make Decisions to Use Medication to Treat Their Child’s ADHD. A Grounded Theory Study. Journal of the American Psychiatric Nurses Association, 10 (10), 1-12.
Fritz + Fränzi – Das Schweizer Elternmagazin (2016). 11-teilige ADHS-Serie. https://www.fritzundfraenzi.ch/gesundheit/psychologie/alles-uber-adhs-unsere-serie-zum-kostenlosen-download (03.2017).
Fuchs, W., Klima, R., Lautmann, R., Rammstedt, O., Wienold, H. (1973). Lexikon zur Soziologie. Westdeutscher Verlag Opladen.
Hansen, D., Hansen, E. (2006). Caught in a Balancing Act: Parents’ Dilemmas Regarding Their ADHD Child’s Treatment With Stimulant Medication. Qualitative Health Research, 16 (9), 1267-1285.
Singh, I. (2002). Biology in Context: Social and Cultural Perspectives on ADHD. Children & Society Volume, 16, 360–367.
 
 

Buchbesprechung: ADHS bei Erwachsenen – Coaching als innovativer Beratungsansatz für Ärzte und Therapeuten.

 
Isolde Schaffter-Wieland, ADHS- und Beziehungscoaching, Vorstandsmitglied SFG ADHS
 
Coaching gewinnt neben psychopharmakologischer Medikation und Psychotherapie in der modularen Behandlung der adulten Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zunehmend an Bedeutung. Bisher existieren nur wenige Studienergebnisse zur Effizienz des Coachings. Die Publikation von Regine Hinkelmann ADHS bei Erwachsenen – Coaching als innovativer Beratungsansatz für Ärzte und Therapeuten leistet daher einen wichtigen Beitrag zur gezielten Definition der Beratungsanforderungen für erwachsene Klienten mit ADHS-Symptomen. Sie hat durch ihre Tätigkeit viel Erfahrung mit den Auswirkungen der ADHS auf die berufliche Laufbahn der Betroffenen und die Auswirkungen in der Arbeitswelt.
Einen kritischen Blick wirft die Autorin auch auf die Tatsache, dass die Krankenkassen bislang die Kosten für ein ADHS-Coaching nicht übernehmen: „....dieser Zustand stellt sich als sozial ungerecht dar, weil Coaching ausschliesslich jenen Betroffenen vorbehalten ist, welchen die finanziellen Mittel für eine Unterstützung zur Verfügung stehen. Finanziell schwach gestellte Individuen haben diese Option nicht oder nur sehr begrenzt.“
Hinkelmann setzt sich in ihrem Buch nicht nur mit der Diagnostik und dem multimodalen Therapieansatz auseinander, sie verschafft auch einen Überblick zu aktuellen ADHS-Coaching- und Trainingsmodellen. Im Anhang finden sich wertvolle Inputs, Interventionen und Fragetechniken, darunter, wie ein Feedback formuliert und entgegengenommen werden soll, eine Checkliste zum Aktiven Zuhören und Techniken oder erkenntnisleitende Fragen im Rahmen der Identitätsarbeit, die sich beispielsweise folgenden Themen annimmt:
·        Wer bin ich?
·        Wie bin ich zu dem geworden, was ich bin?
·        Wie sehe ich mich?
·        Was in meinem Leben erscheint mir chaotisch?
·        Was gelingt mir gut?
·        Was ist mir wichtig?
·        Was gibt meinem Leben Sinn?
·        Welche Stärken und Schwächen habe ich?
·        Welche Chance und Grenzen habe ich?
 
Persönlich hat mich diese Publikation angesprochen, weil sie kurz und bündig gehalten ist. Die wichtigsten Themen und Fakten sind trotzdem klar und wissenschaftlich korrekt formuliert. In ihrer Aufmachung spricht sie sowohl medizinische Fachpersonen als auch Coaches an. Deutlich kristallisiert sich dabei auch die Chance einer ergänzenden Zusammenarbeit heraus. Das rund 100 Seiten starke Werk erschien bei Elsevier/Urban & Fischer, 2016.
 

Ein Artikel zur Psychoedukation von Eltern ADHS-betroffener Kinder

 
Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund, Psychologen und Leiter der Akademie für Lerncoaching in Zürich
Viele Eltern sind verunsichert, wenn ihr Kind die Diagnose ADHS erhält. Wer sich als Laie über das Thema informieren möchte, stösst schnell auf Vorurteile wie „ADHS gibt es nicht!“ oder „Heute erhält doch jeder zweite so eine Diagnose“. Die Psychoedukation der Eltern ist daher ein wichtiger Bestandteil jeder Therapie oder ärztlichen Behandlung. Gerne stellen wir Ihnen dazu einen Text zur Verfügung, den wir in unseren Seminaren nutzen. Er informiert in einfacher Sprache über das Störungsbild und kann dazu genutzt werden, Eltern betroffener Kinder über die Diagnose ADHS aufzuklären und gängigen Vorurteilen zu begegnen. Sie können ihn über den folgenden Link herunterladen:
Hinweis: Der Text stammt zu grossen Teilen aus dem Buch „Erfolgreich lernen mit ADHS. Der praktische Ratgeber für Eltern.“ (Rietzler & Grolimund, 2016).
 

Dyslexie, Dyskalkulie – von Nachteilsausgleich bis Förderung

 
21. Tagung des Dyslexie Verbandes Schweiz (VDS) vom 17.7.2017
Isolde Schaffter-Wieland, ADHS- und Beziehungscoaching, Vorstandsmitglied SFG ADHS
 
„Ein Dyslexiker ist nicht dumm!“
Rund 10 Prozent der Bevölkerung sind in der Schweiz von einer Dyslexie und/oder Dyskalkulie betroffen. Trotz unserem ausgezeichneten Bildungssystem haben wir eine hohe Zahl an Illettristen. Neueste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die beiden Lernhandicaps teilweise genetisch bedingt sind. 420 interessierte Fachpersonen aus Schule, Medizin, Berufsbildung sowie Eltern und Betroffene verfolgten die spannende Tagung Dyslexie, Dyskalkulie – von Nachteilsausgleich bis Förderung in der Universität Zürich Irchel. Einhelliges Fazit der Referenten: „Eine frühzeitige Erkennung und gezielte Förderung ist das Wichtigste.“
Der renommierte Professor für Heilpädagogik Matthias Grünke (Uni Köln) arbeitet unter anderem auch als Verhaltenstherapeut. Er leitete sein Referat mit einer berührenden Filmszene aus „Guten Morgen Herr Grothe“ (2007) ein, die einen jungen Dyslexiker zeigt, wie er sich beim Lesen abmüht. 90 beinahe unerträgliche Sekunden. Die Sprachentwicklung ist nachweisbar der prägendste Faktor, wie das Leben eines Menschen verläuft. Ob er eine erfolgreiche berufliche oder akademische Karriere erlebt oder im ungünstigen Fall durch die Maschen des sozialen Netzes fällt. Eine Studie, die im Rahmen der Tagung vorgestellt wurde, zeigt, dass sich die Situation für Kinder und Jugendliche mit Dyslexie innerhalb der letzten 40 Jahre um 60% verschlechtert hat. Dies trotz zunehmender wissenschaftlicher Erkenntnisse zum hilfreichen Umgang mit den jungen Betroffenen und einem umfangreichen Angebot an Fördermitteln! Weshalb? Grünke, der seine Forschung auf Lernmethoden für Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten fokussiert, zieht eine ernüchternde Bilanz: „Nach wie vor werden viele Schülerinnen und Schüler nicht auf der Basis evidenzbasierter Methoden unterrichtet, beziehungsweise gefördert.“ So wirft er in seinem Vortrag auch die ketzerische Frage auf, ob das soziale Gefälle nicht sogar bewusst provoziert wird: „Wir wissen’s doch alle, weshalb ändern wir’s denn nicht?“
 
Der Nachteilsausgleich ist kein Privileg
Das Ziel des engagierten Vizepräsidenten des VDS, Robin Hall, steht klar im Raum: „Wir wollen eine dyslexiefreundliche Schweiz.“ Die Thematik will er unterstützt von einem hochkarätigen wissenschaftlichen Beirat und mit fundierter Aufklärung auf sämtlichen gesellschaftlichen und schulischen Ebenen angehen. Stark macht sich der Verband auch für den Nachteilsausgleich, der auf der Primarstufe je nach Kanton noch viel zu wenig zur Anwendung kommt, während er an Gymnasien, Berufsschulen oder in Unis erheblich besser etabliert ist. In einem Podiumsgespräch, das von der Radiosprecherin und Buchautorin Cornelia Kazis moderiert wurde, waren sich sechs der sieben Teilnehmenden einig, dass es noch am politischen Willen hapert, den Nachteilsausgleich breitflächig in die Umsetzung zu bringen. „Eine Dyslexie oder Dyskalkulie ist weder eine Frage der Intelligenz, noch mangelnder Lernwille, sondern eine Lernbehinderung.“ Und genau hier könnte der Nachteilsausgleich in der Ausbildung für Gerechtigkeit sorgen. Dies im Gegensatz zur weit häufiger praktizierten – für bestimmt Kinder durchaus sinnvollen – individuellen Lernzielvereinbarung, die jedoch eine Notenbefreiung und einen entsprechenden Eintrag im Zeugnis nach sich zieht.
 
Evidenzbasierte Förderung erhöht Selbstwirksamkeit
Dr. Jeanette Bell setzte sich in ihrem Referat mit dem Selbstkonzept und der Motivation bei Kindern mit Dyslexie auseinander. Anschaulich erklärte sie, wie sich bei betroffenen Schülern das Selbstkonzept eigener Fähigkeiten im Alter von sieben bis neun Jahren entwickelt. Sie konfrontierte das Publikum mit einer überraschenden Untersuchung, die klar belegte, das legasthene ProbandInnen mit einer Diagnose und entsprechendem Training mehr Kontrolle über ihre Leistungen erhalten und somit Selbstwirksamkeit erfahren. „Die 25 diagnostizierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen konnten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe die Entwicklungsziele deutlich besser erreichen als nicht-legasthene.“
Im Workshop des Psychologen und Pädagogen Dr. Armin Born, der seit 25 Jahren als Psychologischer Psychotherapeut arbeitet, erfuhren Eltern und Fachpersonen, wie man rechenschwachen Kindern auf die Sprünge hilft. Dabei vermittelte er viele praktikable Tools, neuro-wissenschaftliche Erkenntnisse und Beispiele aus der Praxis. Rund 200 interessierte Personen folgten seiner Einladung, die parallel zu den Vorträgen im Hörsaal stattfand.
Fundiert und spannend waren auch die Ausführungen von Erich Hartmann von der Universität Freiburg/CH zur Prävention und Therapie der LRS (Lese-Rechtschreibstörung). „Schriftsprachprobleme gehören zu den häufigsten schulischen Lernschwierigkeiten von Kindern und Jugendlichen. Sie bergen gleichzeitig ein Risiko für schulische, berufliche und sozial-emotionale Sekundärprobleme“, betont der Professor für Logopädie und Sprachheilpädagogik. Auch er bestätigt, dass sich die LRS durch problemspezifische, theorie- und evidenzbasierte Interventionen positiv beeinflussen lässt. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass der Transfer des evidenzbasierten Wissens in Schule und therapeutische Praxis dringend notwendig sind. Das heisst, dass Lehrpersonen und Schulleitungen wie auch spezielle Fachleute durch Aus- und Weiterbildung für diese Thematik sensibilisiert werden sollen.
 

Hinweis auf den Verein Kinderärzte-Plattform ADHS

 
Dr. med. René Kindli, Praxispädiater Forum
 
In den letzten Jahren haben wir zweimal eine Weiterbildung für Kinderärzte zum Thema ADHS durchgeführt, an dem insgesamt 100 Pädiater aus der ganzen Schweiz teilgenommen haben. Aus diesem Kurs hervorgegangen ist der Verein Kinderärzte-Plattform ADHS. Sein Ziel ist die rasche Übermittlung von News und die Förderung der nationalen und internationalen Vernetzung.
Die Vereinsmitglieder haben dabei die Möglichkeit, per E-Mail praktische Fragen rund um Diagnostik und Therapie des ADHS zu stellen. Jedes Mitglied, das diesbezügliche Erfahrungen oder Lösungsvorschläge hat, kann dies dann per Rundmail kundtun. Daraus entstehen sehr konstruktive, lösungsorientierte Diskussionen, die unseren Patienten zu Gute kommen. Die unterdessen über 20 Mitglieder verfügen zusammen über einen vieljährigen Erfahrungsschatz aus Klinik und Praxis.
Mehrmals jährlich gibt es zudem ein Literatur-Update.
Zwei unserer Mitglieder sind unterdessen in den Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ADHS (Verein der Deutschen Kinderärzte, die sich in der Praxis mit ADHS beschäftigen, ca. 600 Mitglieder) gewählt worden. Auch von dieser Seite werden regelmässige Neuigkeiten weitergegeben.
Für interessierte Pädiater beträgt die Jahresgebühr CHF 100.00. Dieser Betrag wird dann bei der Teilnahme der eintägigen Fortbildungsveranstaltung wieder gutgeschrieben. Die Anmeldung ist für Kinderärzte möglich über ein E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
 

Veranstaltungshinweise

 
Veranstaltungen SFG
  • Samstag, 16. September 2017, 08.15 – 15.30 Uhr, Campus Sursee, Sursee
    5. Nationale ADHS-Tagung für Betroffene und Fachleute BeFa 2017
    ACHTUNG, DU HAST STÄRKEN!
    Organisation: elpos Schweiz und SFG ADHS
    Für die Veranstaltung gibt es folgende Fortbildungspunkte: SGKJPP: 4 Credits; SGPP:4 Credits; SSP/SGP: 4 Credits; SGAIM: 4,5 Credits
    Weitere Informationen: www.befa-adhs.ch
 
Veranstaltungen Dritter: (vgl. http://www.sfg-adhs.ch/  Rubrik „Veranstaltungen Dritter“)
  • Ab Samstag, 4. 11. 2017 – 22. September 2018, Coachingzentrum Olten
    Zertifikatsausbildung zum ADHS-Coach 
    ADHS-Coaching von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
 
  • Ab Herbst 2017 in Zürich
    Modulare Weiterbildung in Coaching mit optionaler Vertiefung fürs Coaching von Menschen mit AD(H)S oder einer Autismus-Spektrum-Störung.
    Organisiert durch: Schweiz. Berufsverbandes für Angewandte Psychologie SBAP.
Regionale Angebote: vgl. www.sfg-adhs (Rubrik «Aus den Regionen»)