Veranstaltungen SFG

Keine Veranstaltungen gefunden

Newsletter

Klicken Sie hier und bestellen Sie einen Newsletter.

 

Klicken Sie hier, wenn Sie einen Newsletter als Unternehmen bestellen möchten.

Veranstaltungen Externe

Keine Veranstaltungen gefunden

 

ADHS Aktuell

Editorial

Der vorliegende Newsletter wird mit der Weiterführung der Vorstellungsreihe unseres Vorstandes in Form eines Interviews mit unserem Co-Präsidenten Prof. Dr. med. Thomas J. Müller eröffnet. 

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wir möchten unter anderem die Gelegenheit nutzen, über Aktualitäten rund um die SFG ADHS zu berichten. Neugestaltung der Homepage, Änderungen in der Zusammensetzung des Vorstands, Ausstellung einer Mitgliedschaftsbestätigung sind nur ein paar wenige Punkte, die in den Vorstandssitzungen diskutiert werden, jedoch oft nicht bis zu den Mitgliedern dringen.

Anschliessend möchten wir Ihnen eine Rezension von Dr. Monika Brunsting über ein Buch von Prof. Stefano Pallanti zur Lektüre offerieren. «The Burden of Adult ADHD in Comorbid Psychiatric and Neurological Disorders» ist gemäss unserer Beirätin Dr. Monika Brunsting ein “wegweisendes Buch (...), das den aktuellen Stand der Forschung in Diagnostik und Therapie von ADHS aufzeigt".

In einem weiteren Teil berichten wir über die Vorkommnisse rund um die Aussagen eines Mitglieds der Expertengruppe ADHS des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und unsere Aufforderung zur Stellungnahme. Und wie gewohnt finden sich am Schluss des Newsletters die Veranstaltungshinweise.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in das neue Jahr und grüssen Sie freundlich.

Schweizerische Fachgesellschaft ADHS

Dr. Susanne Kempf, Geschäftsstelle

 

Vorstellungsrunde Vorstand:
Prof. Dr. med. Thomas J. Müller, Co-Präsident

 

Lieber Thomas, zusammen mit Dominique führst Du bereits seit einigen Jahren das Präsidium unserer Fachgesellschaft. Warum engagierst Du Dich für die ADHS?

Also grundsätzlich finde ich ADHS ein sehr wichtiges Thema. Die Erkrankung wird nunmehr sicherlich besser erkannt als noch vor vielen Jahren. Und was mich natürlich sehr erfreut ist, dass wir in der Psychiatrie viele chronische Krankheitsbilder haben, die lange brauchen, bis sie auch nur teilweise auf eine Behandlung ansprechen und bei der ADHS ist es so, wenn die Diagnose stimmt, die Behandlung im Allgemeinen sehr erfolgreich ist. Die Erfolge könnten gesteigert werden, indem die Patienten möglichst früh erkannt werden. Denn die Datenlage ist leider nicht ganz so, wie wir das gerne hätten. Je später man anfängt zu   behandeln, desto weniger sind insbesondere in sozialen, beruflichen und familiären Bereichen die Erfolge. Man muss klar sagen: Ein Erkennen ist auch im Alter noch wichtig für das Befinden und viele Symptome. Aber wichtig   ist die frühere Erkennung, um letztendlich den Schaden für die Patientinnen und Patienten zu minimieren. Und schliesslich engagiere ich mich für die ADHS, weil es Spaß macht. 

 

ausgabe-71-1.jpegCo-Präsident Prof. Dr. med. Thomas J. Müller 

Am WASDAD Kongress im September hast Du ein Referat über ADHS und Klimawandel gehalten. Was waren die Kernbotschaften und warum hast Du ausgerechnet diese Thematik gewählt?

Ausschlaggebend war ein Gespräch mit unserer Beirätin Prof. Susanne Walitza. Wir haben uns unterhalten und sie meinte, dass sie gehört hätte, dass ich mich mit diesem Thema auch in der Psychiatrie beschäftige. Und in der Tat war ich herausgefordert und habe mir gedacht, ob es eigentlich Spezifisches für die ADHS bezüglich Klimawandel gibt? Und das sah erstmal nicht so aus, aber mitnichten, selbst eigene Forschungsdaten, die auch publiziert sind, zeigen eben, dass sogenannte Entwicklungsstörungen – und dazu gehört die ADHS - tatsächlich besonders betroffen sind.
Bei ungewöhnlicher Hitze gibt es mehr Klinikaufnahmen. Es gibt Daten von einer Doktorandin von mir, dass Besuche von Notfallpatientinnen und -patienten ein ähnliches Muster aufzeigen. Da sehen wir ein erhöhtes Risiko. Es betrifft die Vulnerabelsten und es ist gemäss Datenlage so, dass Patientinnen und Patienten mit einer ADHS - oder sagen wir mal ganz vorsichtig - mit Entwicklungsstörungen ein höheres Risiko haben, dass der Klimawandel Auswirkungen haben könnte. Bei einem Datensatz aus Bern über 45 Jahre war die Odds Ratio gegen 1.5. Daten aus Brasilien zeigen Ähnliches.
Da durch die ADHS eine verminderte Anpassungsfähigkeit besteht, muss geschaut werden, welcher Umgang hilfreich ist. Aber auch das Thema Aggression ist zu beachten, da Patientinnen und Patienten mit einer ADHS zur Impulsivität neigen. Hier könnte vermutet werden, dass das Risiko für impulsives Verhalten bei einer ADHS durch den Klimawandel steigt. Da muss man die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, auch die Awareness, aber auch, dass man lernt, mit der Hitze umzugehen.

Der Oktober ist bekanntlich der ADHD Awareness Month. Wie können Forschung und klinische Praxis in Bezug auf ADHS dazu beitragen, das Bewusstsein für ADHS in der Gesellschaft zu schärfen und die Entstigmatisierung zu fördern?

Die Forschung dient immer dazu, die Behandlungsgrundlagen zu schaffen. Man muss schon sagen, dass wir bezüglich der ADHS-Behandlung mit Methoden wie der Abgabe von Stimulantien ausgestattet sind - wenn man ganz ehrlich bleibt -, die wir sonst in der Psychiatrie kaum haben in dieser extrem hohen Wirksamkeit. Wenn man das im Vergleich zur Inneren Medizin sieht, sind wir in der Psychiatrie gut aufgestellt. Die wirksamste psychiatrische Medikation sind Amphetamine bei der ADHS-Behandlung. Danach kommt für die bipolare Störung das Lithium und weiter kommt das Methylphenidat für die ADHS. Und dann kommt nochmals das Lithium für die rezidivierende depressive Störung. Also da haben wir was in der Hand.
Die Forschung muss dazu beitragen, sich mit der Suche nach Prädiktoren zu beschäftigen. Da gibt es leider noch nichts, jedenfalls nicht so, dass wir das wie einen Laborwert nutzen könnten. Also im Einzelfall, das ist der und der Typus von ADHS und diese und jene Laborbefunde gehören dazu. Die ADHS ist nach wie vor eine klinische Diagnose. Die ganze Diagnostik, die wir betreiben, dient der Sicherung der Diagnostik, aber letztendlich ist es ein klinisches Bild, das wir abbilden. Und wir haben keinen Laborparameter, kein EEG, keinen Blutbefund, kein Kernspintomogramm, das eine ADHS diagnostizieren kann. Es wäre sehr hilfreich, wenn die Forschung uns da hilft.

Anhand der ADHS wird beispielsweise aufgezeigt, mit was sich die Forschung beschäftigt. Es werden genetische Studien gemacht, wo das gesamte Genom des Menschen untersucht wird. Dann schaut man nach Varianten und zum Beispiel wurde eine Variante bei der ADHS gefunden. Diese Variante wurde in die Fruchtfliege eingebaut. Und wie untersucht man das zum Beispiel jetzt an der Fruchtfliege? Die Fruchtfliege wird in einen Glastubus eingesperrt und fliegt hin und her. Und dazwischen befindet sich eine Lichtschranke. Jene Fruchtfliegen mit der eingebauten Variante fliegen mehr hin und her. Gibt man der Fruchtfliege ins Futter Methylphenidat, fliegt sie plötzlich wieder normal. Daran kann man den Mechanismus verstehen lernen.

Das ist schon faszinierend, also auch für das Verständnis. Verständnis ist zum Beispiel auch wichtig für die komorbiden Erkrankungen. Man weiß, dass die ADHS-Betroffenen ein leicht erhöhtes Risiko für Adipositas haben. Natürlich muss man die Proteine, die dann abgebildet werden durch die DNA, untersuchen. Diese Kombination erlaubt eventuell noch eine gezieltere Behandlung. Deswegen ist dieser Awareness Month auch wichtig, um zu zeigen, da geht was. Also es werden nicht einfach nur Pillen verschrieben.

Inwiefern kann die Zusammenarbeit zwischen Forschern und klinischen Fachleuten hilfreich sein, den Übergang von Erkenntnissen aus der Forschung in die klinische Praxis zu erleichtern und evidenzbasierte Behandlungsmethoden zu fördern?

Eine wichtige Aufgabe der Fachgesellschaft einerseits, aber auch von den Experten in der Fachgesellschaft, die sich in Lehre wie in Forschung mit dem Thema beschäftigen ist, Behandlungsempfehlungen zu machen. Wir haben soeben das Projekt «Behandlungsempfehlungen zu ADHS» im Auftrag der SGPP gestartet, um klinischen Fachpersonen den Zugang zu einer evidenzbasierten Versorgung in der Schweiz zu erleichtern.

ADHS bei Mädchen und Frauen findet zunehmend Beachtung. Sind die Subtypen der ADHS geschlechtsspezifisch? Können neuronale Mechanismen die Unterschiede zwischen den Subtypen von ADHS (unaufmerksam, hyperaktiv-impulsiv, kombiniert) erklären?

Das ist schwierig. Bei Frauen findet man eher den unaufmerksamen Typus, aber da spielen auch ein bisschen die entsprechenden kulturellen, kulturspezifischen Erziehungstypen eine Rolle.
Männer schickt man in einen Fußballverein, um diese Hyperaktivität loswerden. Mir sind jetzt keine Daten bekannt, die einen klaren geschlechtsspezifischen Unterschied zeigen. Es gibt eher ein Problem in der geschlechtsspezifischen Awareness. Es ist auch so, dass Männer ungefähr zweimal so häufig diagnostiziert werden. Aber ich glaube, das ist eher ein Artefakt in der Diagnostik.

Wie kann die Forschung zu ADHS dazu beitragen, unser Verständnis von langfristigen Lebensverläufen und den Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter bei Menschen mit ADHS zu verbessern?

Also was man sieht - das war ja auch der Gedanke bei der Entwicklung von unserem Zentrum für junge Erwachsene in Thun -, dass wir ein grosses Problem mit der Transition zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Erwachsenenpsychiatrie haben. Das sieht man sehr deutlich an dem Beispiel ADHS. Also just mit dem 18. Geburtstag, also auf den Tag genau, fällt die Prävalenz der ADHS von 6 auf 3 Prozent. Das ist natürlich unsinnig. Das ist ein Methodenartefakt bzw. ein Artefakt zwischen den verschiedenen Formen von Psychiatrie. Natürlich dient die Forschung dazu, auch zu erfassen, welche Symptome im Vordergrund stehen. Das wäre jetzt auch eine Aufgabe zum Beispiel von unserem Zentrum, die besser zu erfassen und dann entsprechend angepasst, zum Beispiel eine Berufsempfehlung zu geben. Eine Masterstudentin von mir hat eine wunderschöne Arbeit zu dem Thema geschrieben, wo die Benefits von der ADHS liegen und die Auswirkungen auf die Berufswahl. Meine Frage war an die Studentin, ob es Hinweise darauf gibt, dass zum Beispiel in der Medizin Menschen mit einer ADHS oder Novelty Seeking bestimmte Facharzt-Richtungen wählen. Ich vermutete, dass das bei Notfallärztinnen und -ärzten zum Beispiel zutrifft. Der Beweis aber fehlt.  

Wie könnte die Anwendung von Neuromodulationstechniken wie nicht-invasiver Hirnstimulation (NIBS) bei der Behandlung von ADHS-Symptomen eine vielversprechende Rolle spielen, und welche Bereiche erfordern noch weitere Forschung?

Da braucht es noch Forschung. Also ich habe jetzt einen Patienten, bei dem ich transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) gemacht habe und der hat profitiert. Der Patient hat Pech, denn er hat tatsächlich auf jede Stimulanz, aber auch auf alle anderen Medikamente in der ADHS-Behandlung mit Nebenwirkungen reagiert. Ich habe länger erfolgreich mit ihm Psychotherapie gemacht. Von der zusätzlichen Hirnstimulation hat er noch (eigene Aussage) 10% zusätzlich profitiert. Das sind kleine Erfolge, die weiterer Untersuchungen bedürfen. Hier gibt es noch zu wenig gesicherte Daten, mit denen man eine klare Aussage machen könnten. Somit blieben im Bereich ADHS Hirnstimulationsverfahren off-label-Einzelbehandlungen. So gibt es leider möglicherweise falsche Versprechungen. Es gibt übrigens Patienten, die gamen gerne, auch ADHS-Patientinnen und -patienten natürlich. Und die nutzen tDCS, also Gleichstrombehandlung. Dadurch wird die frontale Hirnleistung noch um einen Tick verbessert und das führt dazu, dass sie beim Online-Gamen, wo es auch um Geld gehen kann, eher gewinnen.

Welche Fortschritte wurden im Bereich der Früherkennung von ADHS gemacht, und wie könnten diese Erkenntnisse dazu beitragen, Interventionsmaßnahmen frühzeitig zu ergreifen?

In der Früherkennung gibt es viele Fortschritte, hauptsächlich die Awareness. Also das sind die Weiterbildungen und Fortbildungen unserer Fachgesellschaft. Wir versuchen, das Wissen zu verbreiten. Jetzt muss man nur aufpassen, dass das Wissen nicht dazu führt, dass plötzlich jeder eine ADHS hat. Das wäre der Rosenthal-Effekt: Wenn man eine Forschungsfrage hat, dann sieht man nur noch das Forschungsproblem bei den Patienten. Und könnte es eine wundersame Vermehrung von ADHS-Fällen geben. Hier muss immer abwägen.

Unsere nächste Mitgliedertagung im März befasst sich unter anderem mit dem Thema ADHS im Alter. Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich bei der Diagnose und Behandlung von ADHS bei älteren Erwachsenen, insbesondere im Zusammenhang mit Alterserscheinungen und kognitivem Rückgang?

Erstens gibt es eine neue israelische Studie, die zeigt, dass wahrscheinlich eine unerkannte ADHS das Risiko für demenzielle Erkrankungen erhöht. Das kann natürlich auch eine Interaktion sein, weil man weiß, dass Depressionen – eine mögliche Komorbidität der ADHS -, die unbehandelt oder schlecht behandelt sind, im Alter auch wiederum das Demenzrisiko erhöhen.
Aber eine schlecht behandelte ADHS führt zu weniger Chancenausnutzung im Leben. Weniger Potenzial, das man nutzen kann, als man es eigentlich hätte. Ein hoher IQ mit einem stark ausgeprägten ADHS hilft einem wenig, wenn man den ganzen Tag einfach nur mit der Kontrolle der ADHS beschäftigt ist. Ähnliches ergibt sich im Alter. Also auch im Alter lohnt sich durchaus noch eine Behandlung. Und wenn es nur der Kopierung der Symptomatik, die lästig ist für die Patientinnen und Patienten, dient. Wir müssen im Alter auch vorsichtiger behandeln wegen den ganzen somatischen Begleiterkrankungen, die durch Stimulantien noch gesteigert werden können.

Und zum Schluss: Eine ADHS wird oft mit Kreativität in Zusammenhang gebracht. Wenn die ADHS ein Musikinstrument wäre, welches Instrument würde es sein und wie würde das musikalische Stück klingen, das die Essenz von ADHS einfängt? Du darfst jetzt aber nicht die Klarinette nennen, das wäre nicht objektiv (Prof. Müller lernt aktuell das Klarinettenspiel, Anm. d. Red.).

Nein, nein, ich habe an ein anderes Instrument gedacht, ja an die Geige.
Ja, da ist mir überhaupt die Geige eingefallen. Die Geige ist ein sehr anspruchsvolles Instrument. Da wäre für die ADHS wahrscheinlich das Schlagzeug am besten. Geige klingt, wenn man sie schlecht spielt, grauenhaft. Wenn man da nicht die Daueraufmerksamkeit und das Vergnügen hat, ewig zu üben. Aber Schlagzeug, das ist sicherlich etwas, was für Menschen mit einer ADHS hilfreich ist.

 

Aktuelles aus der Schweizerischen Fachgesellschaft ADHS

  

  • Ende August dieses Jahres wurde im Zuge einer Strategie-Retraite entschieden, dass die Homepage der SFG ADHS mit Hilfe einer externen Agentur von Grund auf neugestaltet wird. Diese Aufgabe ist mit einem grossen Aufwand verbunden und wir bitten um Geduld, sollten die Informationen auf unserer noch aktuellen Homepage nicht die gewünschte Übersicht und Aktualität vorweisen.

  • In der Praxis hat es sich gezeigt, dass gerade aus versicherungstechnischer Sicht ein Nachweis der Expertise im Bereich ADHS für Fachpersonen nützlich sein kann. Daher hat sich die SFG ADHS dazu entschlossen, seinen Mitgliedern bei Bedarf eine Bestätigung der Mitgliedschaft auszustellen. Jede Person, die eine Mitgliedschaft beantragt, wird vom Vorstand auf die Erfahrung im Bereich ADHS geprüft und eine Zulassung in den Verein wird nur gewährleistet, wenn eine entsprechende Expertise vorhanden ist. Die ersten Bestätigungen wurden bereits ausgestellt und bei Interesse kann Ihnen die SFG ADHS den Nachweis kostenlos ausstellen. Im Zuge dieser Neuerung möchten wir Sie auf ein bereits bestehendes Dokument der SFG ADHS hinweisen. Unser Verein stellt bereits seit einiger Zeit einen Patientenausweis für den Strassenverkehr zur Verfügung, der von der behandelnden medizinischen Fachperson ausgefüllt werden muss. Kann bei einer Polizeikontrolle im Strassenverkehr nicht nachgewiesen werden, dass jene eingenommenen ADHS-Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, nicht ärztlich verschrieben wurden, muss mit einem umgehenden Fahrausweisentzug gerechnet werden. Bedauerlicherweise wurden uns in letzter Zeit von solchen Vorfällen berichtet und wir möchten die Wichtigkeit des Mitführens eines Patientenausweises betonen.

 

ausgabe-71-2.jpeg


  • Prisca Zulauf hat sich nach 13 Jahren Vorstandstätigkeit dazu entschlossen, Ihr Engagement in der SFG ADHS nicht mehr weiter zu verfolgen und hat bereits im letzten Jahr Ihren Rücktritt auf Ende dieses Jahres angekündigt. Um den frei gewordenen Platz im Vorstand neu zu besetzen, wird in der kommenden Mitgliederversammlung Prof. Dr. med. Nader Perroud als neues Vorstandsmitglied vorgeschlagen. Der Psychiater und Psychotherapeut ist stellvertretender Chefarzt am Universitätsspital Genf (HUG) und Leiter der Abteilung für Störungen der Emotionsregulation (TRE), in der Menschen mit ADHS und Borderline-Persönlichkeitsstörungen betreut werden. Als Privatdozent an der Universität Genf hält Prof. Dr. med. Nader Perroud regelmäßig Vorlesungen, spricht auf nationalen und internationalen Konferenzen und er hat sich dazu bereit erklärt, an der kommenden Mitgliedertagung ein Referat zu halten. Ebenfalls für einen Rücktritt aus dem Vorstand hat sich Oliver Obrecht entschlossen, der die Coaches vertreten hat. Auch für diese Vorstandsposition wird für einen Ersatz gesucht.
  • Im Auftrag der SGPP hat sich rund um die SFG ADHS eine Expertengruppe formiert, die sich mit der Erarbeitung von Behandlungsempfehlungen zu ADHS beschäftigt. Das Kick-off Meeting zum Projektstart fand Mitte Dezember statt und wir hoffen, dass die entsprechenden Behandlungsempfehlungen 2024 fertig gestellt werden können.

 

 

Pallanti Stefano und Salerno Luana (2020): The Burden of Adult ADHD in Comorbid

Psychiatric and Neurological Disorders. Cham: Springer Nature Switzerland

Rezension von Dr. Monika Brunsting

 

Stefano Pallanti, Professor in Stanford und Gründer des Neurowissenschaftlichen Instituts in Florenz ist Experte für Hirnstimulation und hat mit der Psychologin Luana Salerno ein wegweisendes Buch verfasst, das den aktuellen Stand der Forschung in Diagnostik und Therapie von ADHS aufzeigt.

Nach Beschreibungen der ADHS (Kap.2-3) plädieren die Autoren für einen Paradigmenwechsel in Diagnostik und Therapie: Dieser neue Weg der «Research domain criteria (R-Do-C) sei besser imstande, komplexe psychiatrische mentale Störungen wie die ADHS zu verstehen und zu behandeln. Genetik, Moleküle, zahlreiche Schaltkreise, Verhalten Physiologie und Selbst-Beobachtung/Report sind Bestandteile eines solchen multidimensionalen Konzepts zur Diagnostik und Behandlung psychiatrischer Störungen mit neurologischen Wurzeln (Kap. 4).

Die Autoren stellen Diagnostik und Therapie von ADHS im psychiatrischen Kontext und im Umfeld neurodegenerativer Störungen vor: «The overlapping symptoms between ADHD and other psychiatric disorders constitute a challenge for clinicians, but the lack of identification of the presendence of ADHD can negatively influence the trajectory of the psychiatric or neurologic comorbid conditions and increase personal and socioeconomic burden.» (Introduction, p. XV).

Im Hauptteil dieser umfassenden Publikation stellen sie in 18 Kapiteln ADHS mit verschiedenen Komorbiditäten vor: von mehr psychiatrischen Störungen wie Depressionen oder Angststörungen bis hin zu neurokognitiven und neurologischen Störungen. Der durchwegs analoge Aufbau der Kapitel ist sehr leserfreundlich. Nach dem klinischen Blick werden jeweils Verdachtsmomente geschildert, Assessment Tipps und Tools vorgestellt und Behandlungsoptionen geschildert. Man bekommt in jedem Kapitel das notwendige Rüstzeug, um mit komplexen ADHS-Betroffenen gut umzugehen. Die Bibliographie nach jedem Kapitel ist überwältigend und sehr hilfreich, wenn man sich genauer einarbeiten will (Kapitel 5-18).

 

ausgabe-71-3.jpeg 

 

Schliesslich schildern sie die Behandlung von Erwachsenen mit ADHS (Kap.19). Den fulminanten Schluss des Buches machen Fakten, Gedanken und Ideen für die Zukunft von Forschung und Praxis. Vielversprechende Ergebnisse aus Studien mit nicht-invasiver Hirnstimulation (NIBS) wie TMS, tDCS, und rTMS, werden beschrieben. Zum Schluss werfen sie auch einen Blick auf die Beziehung zwischen Entzündungstheorien und ADHS: «The collected findings clearly point out that inflammation can have a key role in the development of those pathophysiological mechanisms leading to many psychiatric disorders, such as ADHD.» (Pallanti & Salerno, p 361).

Von diesem Buch können nicht nur Psychiater, Neurologen, Gerontologen und Neuropsychologen profitieren, sondern auch andere «mental health practitioner» die mit wenig auf die Standardbehandlungen ansprechenden Patienten arbeiten.

ISBN 978-3-030-39053-2

Monika Brunsting, Beirätin Schweizerische Fachgesellschaft ADHS (SFG-ADHS)

Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Aufforderung zur Stellungnahme bezüglich Aussagen eines Mitglieds der Expertengruppe

ADHS des Bundesamts für Gesundheit (BAG)

 

 «Statt der Prügelstrafe wird heute die Ritalin-Keule herausgeholt.» - Dieses in der NZZ abgedruckte Zitat eines Soziologen und Mitglieds der Expertengruppe ADHS des BAG hat die Fachwelt wie auch Betroffene entrüstet. Wir haben das BAG in einem auf LinkedIn veröffentlichten Schreiben aufgefordert, Stellung zu beziehen. Die Fachgesellschaften pädiatrie schweiz, Schweizerische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (SGKJPP) und die Schweizerische Vereinigung der Fachpersonen im schulärztlichen Dienst (scolarmed) distanzierten sich ebenfalls von diesen Aussagen in einer gemeinsamen Stellungnahme an das BAG wie auch die restlichen unabhängigen Mitglieder der Expertengruppe ADHS.

 ausgabe-71-4.jpeg

Bereits im Jahr 2014 hat Monika Bütler, Ökonomin und Honorarprofessorin an der Universität St. Gallen (HSG) als betroffene Mutter auf ihrem Blog «Von selbsternannten Experten und schlafenden Medien» über eine analoge Situation berichtet. Und sogar der Bundesrat schätzte damals in seiner Antwort auf eine Motion von Yvette Estermann (2015) die betreffende Haltung folgendermassen ein:  «Diverse Aussagen, auch von der in der Begründung der Motion Estermann (15.3146) genannten Fachperson, markieren sehr radikale Positionen.»

Knapp zehn Jahre später wird diesen, sich offensichtlich gegen wissenschaftliche Erkenntnisse stellenden Behauptungen nach wie vor durch die Medien eine Plattform gegeben und auch das BAG reagiert nicht. Weder auf unsere Bitte zur Stellungnahme noch mit Konsequenzen für Vertreter solcher Aussagen in den eigenen Reihen. Wir bleiben dran.   

 

 

Veranstaltungshinweise

 

Veranstaltung der SFG ADHS

  • Voranzeige: März 2024, 14.00 - ca. 16.30 Uhr, Tagung mit anschliessender Mitgliederversammlung. Weitere Informationen werden Sie zu gegebener Zeit auf unserer Website www.sfg-adhs.ch finden.

Veranstaltungen Dritter

  •  Internationale Konferenz über ADHS in französischer Sprache am 26. und 27. September 2024 in Genf (CICG)
    Der Fokus in diesem Jahr wird auf die Zusammenhänge von ADHS mit Süchten, neue Ansätze, geschlechtsspezifische Merkmale und den Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter gelegt.
    Organisation: Prof.Perroud Nader, Abteilung für Psychiatrie des HUG, Prof. Kerstin von Plessen und PD Dr.Michel Bader, Abteilung für Psychiatrie des CHUV unter Beteiligung des WHO-Kollaborationszentrums für Ausbildung und Forschung im Bereich psychische Gesundheit.

ausgabe-71-5.jpeg 

 

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie auf der Website der SFG ADHS www.sfg-adhs.ch